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Wienerisches Diarium

Nr. 30, 12. April 1766

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[1]

Staatssachen.


Londen den 25. März.

Der 17. war ein Tag der Freuden in
ganz England, und also auch in
Londen. Die Glocken läuteten den
ganzen Tag; die Gässen erthönten vom Freu=
dengeschrey
; vor öffentlichen Häusern waren
Fahnen, und von den Schiffen auf der Them=
se
die Flaggen aufgesteckt, alle nach Amerika
bestimmte Schiffe hatten neue Flaggen, und
Abends war die Stadt illuminirt, vor eine=
gen
Wohnungen der vornehmsten Kaufleute
hielten Wägen, worauf sich mit Ale ange=

füllte Vässer befanden, welches starke Bier
sie dem gemeinen Volke Preis gaben; denn
der König war diesen Tag im Parlament,
und hat seine Einwilligung gegeben:

1) Zu der Bill, die Stempelacte aufzu=
heben
.

2) Zu der Bil, die Abhängigkeit der
brittischen Colonien in America von der Kro=
ne
, und dem Parlamente von Großbrittanien
zu versichern.

3.) Zu der Bill, die Cyderacte in jetzi=
ger
Form aufzuheben, und die Taxe nicht
auf die Cydermacher zu legen, und sie nicht
durch Accisbediente einzufordern; sondern sie

[2]

auf die Verkäufer zu legen, und durch die or=
dentlichen
Kirchspielsbeamten heben zu lassen.

4) Zu der Bill, St. Majest. eine Bey=
Hülfe zum Dienst des itztlaufenden Jahrs zu
bewilligen, wie auch zu verschiedenen Bills,
welche Privatpersonen betreffen.

Den 18ten Morgens kamen die Kaufleute
der Börse gegenüber in dem Weinhause, das
Königl. Wappen, zusammen und fuhren in
Proceßion auf die 500. Kutschen nach Hofe,
um den König ins Parlament zu begleiten.
Der Zulauf des Volks war ungemein groß,
und der Zuruf: Long live King George,
überaus stark. So groß ist die Freude, daß
die amerikanische Stempelacte aufgehoben ist.
Wie groß wird nicht die Freude der Ameri=
kaner
seyn!

Sonst ist im Parlamente diese Tage über
nichts vorgegangen; denn seit den 13ten sind
beyde Häuser geschlossen, und gestern den 17.
ist nichts geschehen, als daß die Acten, die
oben benennet sind, das Oberhaus paßirt
haben.

Den 12. März hatte der französische Ge=
sandte
, Graf de Guerchy, eine Audienz zu
St. James bey dem Könige, in welcher er
das Absterben Stanislai, Königs von Poh=
len
, und Herzogs von Lothringen und Bar,
bekannt machte. Es gehet die Rede, daß
der Herzog von Richmond hier verbleiben,
und an seine Stelle der Graf von Hunting=
ton
als Abgesandter nach Paris abgehen wer=
de
. Jhre Königl Hoheiten der Prinz von
Wallis, und Bischof von Osnabrück, welche
inoculirt worden, sind ausser Gefahr, und
sollen nach Richmond gebracht werden, so
bald es die Umstände zulassen wollen.

Man erwartet täglich den Prinzen von
Hessencassel, welcher im Namen des Königs
in Dänemark mit einer Schwester unsers =
nigs
Majest. per procurationem die Trauung
vollziehen solle, man glaubt, daß diese feyerl.
Handlung gegen Ende des Aprilmonats vor
sich gehen wird.

Herr Pitt ist wiederum der Hauptgegen=
stand
der Unterredungen in allen politischen
Gesellschaften. Er hat dem Parlament den
elenden Zustand der Land=und Seeofficiers,
die auf halben Sold leben müssen, vorgelegt,
und zum Besten dieser tapfern Leute sehr
nachdrücklich geredet, in der Absicht, daß

man ihnen doch ihren Sold vermehren =
ge
, weil es nicht möglich ist, daß sie mit
Ehre davon leben können. Es ist hierauf im
Parlament beschlossen worden, die Sache
mit ehesten in Erwägung zu ziehen. Herr
Pitt ist vor einigen Tagen nach Hofe berufen
worden, und hat mit dem Könige verschiedene
Stunden allein eine Unterredung gehabt.
Gleich darauf ward eine Rathsversammlung
gehalten, worüber aber, ist noch nicht ei=
gentlich
bekannt. Das Gerüchte sagt, daß
Herr Pitt noch vor Ende dieser Woche von
neuem die wichtigste Stelle in der Admini=
stration
bekleiden werde. Am Ausgang der
Woche muß sichs zeigen.

Die neuesten Briefe von Gibraltar mel=
den
, daß es für nöthig befunden werde, um
den Fuß des Bergers oder Felsen herum, so
bald als möglich, eine starke Mauer, oder
einen Wall anzulegen, in Ansehung der Ge=
fahr
, darinnen sich die Einwohner befinden,
da seit dem fatalen 30sten Jänner der durch
die Ueberschwemmung häufig abgerissene Sand,
wie auch Steine, noch immer stark herab=
rollen
, die Strassen unwegsam, und die Häu=
ser
unbrauchbar machen, so, daß man nicht
in dieselben kommen kann. Schmiede,
Zimmerleute, Maurer, ꝛc. mit einer unge=
heuren
Menge Materialien, werden zu Schif=
fe
gebracht, um sobald als möglich nach Gi=
braltar
abzugehen; welches anzeigt, daß man
ohne Zeitverlust darauf bedacht ist, den Ort
keiner Gefahr blos zu stellen, sondern ihn
wiederum aufs beste zu verwahren.

Aus Liverpool wird gemeldet, daß ein ge=
wisser
Wiliam Whitle seine Frau, und 2.
Kinder, von welchen sie 8. Tage zuvor ent=
bunden
worden, auf eine recht grausame
Weise ermordet habe. Hierauf zeigte er der
Obrigkeit an, daß er seine Frau, und sei=
ne
2. Kinder getödtet angetroffen habe;
weil man aber an seiner Kleidung Blutfle=
cken
wahrnahm, ward er sogleich in Verhaft
genommen, worauf er sich als den Thäter
dieser Grausamkeit angab.

Versailles den 23ten März.

Das Schreiben, welches der Graf Po=
ninski
von Seiten des Fürsten Primas in
Pohlen zu überreichen eigens anher abgesen=

[3]

det worden, ware mit Ehrforchtsvollen Ent=
schuldigungen
über den Unfug angefüllet,
der sich währendem Jnterregno zwischen dem
Königl. französischen Abgesandten Marquis
von Paulmy, und diesem Prälaten zuge=
tragen
hatte.

Genua den 22ten März.

Den 16ten dieses Abends gegen 4. Uhr
wurden die schon eine geraume Zeit her in
unserer Gewalt gewesene Corsen eingeschiffet.
und nacher Bastia abgeführet, allwo sie ge=
gen
unsere von denen Aufrührern gefangene
Leute sollen ausgewechselt werden. Man
sagt, daß diese Auswechslung auf Veranlas=
sung
des französischen Commendanten in Cor=
sica
beschehe.

Florenz den 25ten März.

Den 19ten dieses wurde das höchste
Namensfest beeder Kaiserl. Majestäten bey
Hofe in Trauergala gefeyret, wobey unsere
höchste Herrschaften den hiesigen Adel zu ver=
schiedenen
Stunden zum Handkuß zu lassen
geruheten. Gegen 11. Uhr fuhren sodann
Jhre Königl. Hoheiten mit dem gewöhnli=
chen
Staatgepränge in die St. Felicitas=
kirche
, wohnten daselbst dem gesungenen Hoch=
amt
bey, und nach beschehener Zuruckkunft
in den Pallast, war abermal Handkuß bey
der Großherzoginn Königl. Hoheit. Hier=
auf
speiseten Unsere Durchleuchtigste Herr=
schaften
unter dem Schall einer herrlichen
Musik offentlich; Abends ware wiederum
Handkuß bey unserer geliebtesten Großher=
zoginn
Königl. Hoheit, und ein hierauf er=
folgten
grosses Apartement für alle den Zu=
tritt
nach Hofe habende Damen und Ca=
valiers
, machte den feyerlichen Schluß die=
ses
erfreulichen Tages.

Uebrigens haben Se. Königl. Hoheit, un=
ser
von Gottesforcht ganz beselter Großher=
zog
öffentlich den gemessensten Befehl ge=
hen
lassen, daß in Hinkunft keine Manns=
Person sich mehr unterfangen solle dem bis
nunzu üblich gewesten unanständigem Ge=
brauch
zufolge in der Kirche während der
Predig den Hut aufzusetzen; auch haben alle
Sacristaner der hiesigen Kirchen Befehl er=
halten
, keinen Weltgeistlichen mehr in an=
deren
als schwarzen Kleidern, wenn es auch

nur ein Regen=oder Reißrock wäre, zur Be=
gehung
des heiligen Meßopfers zuzulassen.

Madrid den 11. März.

Se. Majest. der König, haben den Hrn.
Don Martin von Mayorge, Capitain bey
den königl. spanischen Garden zu Fuß, zum
Gouverneur von Alcantara ernannt. Die=
se
auf einem Felsen am Fluße Tago in
der Provinz Estremadura gelegene Stadt ist
daher merkwürdig, daß eine schöne Brücke
über den Fluß gehet, welche zu Zeiten des
Kaisers Trajan aufgeführet worden.

Die von Cadix eingegangenen Briefe sind
voll Weheklagens wegen der Folgen des dies=
jährigen
harten Winters, dergleichen bey
Menschengedenken nicht alda erlebet worden.
Die Felder in der ganzen Gegend sind ver=
wüstet
, und durch die seit einem ganzen Mo=
nate
anhaltenden stürmischen Winde, unter=
schiedliche
Schiffe von verschiedenen Natio=
nen
zu Grunde gegangen. Das neue Re=
giment
der Prinzessinn Regiment genannt,
jetzt seine Werbungen daselbst mit gutem Er=
folge
fort. Die Ergänzung des Regiments
Ultonia, so das Sevillische in gedachtem Ca=
dix
ablöset, wird auch bald zu Stande ge=
bracht
seyn. Auf gleiche Art geht es mit
allen königl. Regimentern, die nicht in voll=
zähligen
Stande waren.

Toulon den 19. März.

Es werde in hiesigem Hafen zwey Kriegs=
schiffe
, zwo Fregatten und vier Schebecken
ausgerüstet, welche unter dem Comando des
Chefs d'Escadre, Prinzen von Listenois de
Beauffremont, in die See stechen sollen. Der
Sage nach wird dieser Herr den Generalma=
jor
bey der königl. Leibwache, Herrn Mar=
quis
von Montmorency, nach Constantino=
pel
begleiten, wo letzterer den königl. Bot=
schafter
bey der Pforte, Herrn Ritter von
Vergennes, ablösen wird. Demnächst soll
er mit seinem Geschwader nach den Han=
delsstädten
in der Levante absegeln, und sei=
ne
Fahrt nach Marocco richten, um den
wirklich zwischen der Krone Frankreich und
diesem afrikanischen Monarchen auf ein Jahr
von dem ersten letztverwichenen Octobers an
zu rechnen, bestehenden Waffenstillstand in
einem Friedenstractat einzukleiden.

[4]

Beschluß der letzthin abgebrochenen Nach=
richt
von dem Königl. Dänischen
Leichenbegängnisses.

Nachdem die Beysetzung der Königl. Lei=
che
vollendet war, begaben Sich Se. Maj.
der König, nach Dero Pallast in Rothschild,
wo Sie, nebst den darzu eingeladenen Fürst=
lichen
Personen und Ministern, in allen 14.
das Mittagsmahl einnahmen, und die auf das
Leichenbegängniß geschlagene Medaillen aus=
zutheilen
geruheten. Die übrige Anwesen=
de
wurden an verschiedenen andern Tafeln be=
wirthet
.

Das Dessert auf der Königl. Tafel stellete
ein mit Cypressen und Vergißmeinnicht be=
streuetes
Feld vor, in dessen Mitte eine Egyp=
tische
Pyramide stand. Jm Prospecte der
4 Seiten sahe man vier von des höchstseli=
gen
Königs Stiftungen angebracht, als 1)
die Friderichskirche in der Friderichstadt,
2) die deutsche Friderichskirche auf Christi=
anshaven
, 3) das Friderichshospital, und 4)
das Erziehungshaus. Neben der Pyramide
war eine kleine Erhöhung, auf welcher man
des höchstseligen Monarchen mit einer Ster=
nen
=oder Ewigkeitskrone bekröntes Brustbild
erblickte. Unterwärts umher waren die Zeit,
allerhand Armaturen und Fahnen, wie auch
die Tugenden Prudentia und Constantia, zu
sehen. Die Zeit hielte einen Schild, auf
welchem stand: Coelo curat et Seclis . An
den Seiten zeigten sich die Königreiche Dän=
nemark
und Norwegen in einer traurigen
Stellung, jedes bey seinem Opferaltar, mit
der Ueberschrift: Grato Animo Regi . Fer=
ner
mit der Ueberschrift: Tibi in Æternum
Fidi. An jedem Ende des Desserts sahe man
zwo andre kleinere Egyptische Pyramiden,
auf welchen des höchstseligen Königs Tugen=
den
mit emblematischen Sinnbildern ausge=
druckt
waren. Diese letztere waren mit ei=
ner
Gallerie von Vasen und Figuren geziert;
und über dieses waren dabey aller Provin=
zen
Wapen und andere Sinnbilder angebracht.

Auf der Oberhofmarschallstafel stand,
auf dem mittelsten Obelisk, diese Ueberschrift:

Divo
FRIDERICO V.
Dan. Norv. Vand. Goth.
Regi. Optimo.

Qui.
Prudentia. et. Constantia.
Deo. ac. Regnis.
XLII. Annos. Vixit.
XIX. Delicium. generis. humani.
XIX. Annos. regnavit.
Pientissimus. Pater. Civium.
Sacrum.

Nach aufgehobener Tafel begaben sich Se.
Königl. Majestät, nebst Sr. Konigl. Hoheit,
dem Prinzen Friderich, und dem übrigen Ge=
folge
, nach Copenhagen zurück, wo sie des
Nachmittags zwischen 4. und 5. Uhr anlang=
ten
. Se. Majestät geruheten darauf, des
Abends Sich in der Stadt umher zu bege=
ben
, und die mannigfältige und zum Theil
prächtige Jlluminationen zu besehen, die die=
sen
Abend, wie den vorigen, wieder ange=
zündet
waren, und wie dieselben in unzähli=
gen
auswendig brennenden Lampen und Fa=
ckeln
bestanden, wegen des stilleren Wetters,
besser, als den 18ten, sich präsentirten.

Die vornehmsten unter den vorgedachten
Jlluminationen sind heute Abends den 21sten
zum Vergnügen Jhro Königl. Hoheiten,
des Prinzen Friderichs, und der Königl.
Prinzeßinnen, welche umher gefahren sind,
dieselben zu besehen, von neuem angezündet
worden.

Gestern ist alhier, auf allergnädigsten Be=
fehl
, das Trauergeläute mit den Glocken der
Stadt zum erstenmal eingestellet worden.
Es haben auch die Wachen wieder angefan=
gen
, bey ihrem Ausziehen, wie gewöhnlich,
das Spiel zu führen; doch sind die Jnstru=
mente
, wie vorhin, mit Flor behangen.

Regensburg von 27. März.

Der neue Großbritannischen Minister Hr.
von Grenville, ist dieser Tagen allhier ange=
langet
. Aus München wird geschrieben, daß
Se. Churfürstl. Durchl. zu Bayern dero
Staats=und Conferenzminister, den Herrn
Grafen von Baumgarten, welcher bey der
römischen Königswahl und Krönung Sr. jetzt
glorreichest regierenden Kaiserl. Majestät,
auf dem Churfürstentag zu Frankfurt als er=
ster
Churbayrischer Botschafter gewesen, zu
dero ersten Oberhofmarschall, an die Stelle
des vor Kurzem verstorbenen Herrn Grafen

[5]

von Törringseefeld, zu ernennen, und die
durch den tödtlichen Hintritt des Hrn. Franz
Joseph Freyherrn von Bettendorf, Seniors
und Domscholasters zu Augspurg, insulirten
Probsten bey U. L. F. Stift zu München ꝛc.
erledigte Probstey in jetzgedachtem Stifte
dem Joh. Adalbert Freyherrn von Bodmann,
Domcustos zu Regensburg, Consistorialvice=
präsidenten
daselbst, und Probsten zu Spalt,
zu ertheilen geruhet haben. Da auch der
hochsel. Freyherr von Bettendorf ein Mit=
glid
der churbayrischen Landstände geistlicher
Bank gewesen, so haben die löbl. Landstän=
de
an dessen Stelle den Herrn Bernhard,
Grafen von Eisenbach, Abten der in Ober=
bayern
gegen dem tyrolischen Gebürge gele=
genen
, vom Kaiser Ludwig den IV . im Jah=
te
1330. gestifteten Abtey Ettal Benedicti=
nerordens
, hinwiederum zu ihrem neuen
Mitgliede durch Mehrheit der Stimmen
erwählet.


Beschluß der neulich abgebrochenen histo=
rischen
Beschreibung der vereinigteen
Niederlanden.

Diese Republick hat übrigens lediglich der Hand=
lung
ihr Ansehen und ihre Reichthümer zu danken.
Die ostindische Handlungsgesellschaft ist wohl auf
dem ganzen Erdkreise die gröste und mächtigste.
Sie ward schon 1602. mit einem Capital von un=
gefehr
6. Millionen Holl. Gulden errichtet, welcher
Fonds in Actien oder Zettel von 3000. fl. zertheilet
war, deren jede nunmehr wohl mit 18000. bezahlt
wird.

Wenn man also in den Zeitungen liest: die
Actien der ostindischen Gesellschaft sind 600. so
heißt dieses so viel, als eine Aetie, die anfäng=
sich
, d. i. bey Errichtung der Gesellschaft 100. werth
war, wird nun mit 600. bezahlt, und so mehr,
oder weniger.

Verlassenschaft besitzt in Wien unermeßliche
Ländereyen, die fast alle den Portugiesen abgenom=
men
wurden, und die sie durch ihren General=
Gouverneur zu Batavia en souverain beherrschen
läßt; jedoch gehet alles unter dem Namen der Ge=
neralstaaten
, denen sie auch von Zeit zu Zeit für
die Verlängerung ihrer Privilegien, dergleichen sie
den 1. Jänner 1755. wieder auf 20 Jahre erhal=
ten
hat ansehnliche Summen bezahlen muß. Die
ganze Verwaltung dieser Gesellschaft ist 67. Vor=
stehern
dieser Gesellschaft anvertraut, die aus den
vornehmsten Jnteressenten ernennet werden, und
in 6. Collegia getheilet sind, die zu Amsterdam,
Mittelburg, Delft, Rotterdam, Hoorn und Enkhuy=

sen niedergesetzet sind, aus denen wiederum 17.
Mitglieder abgeordnet sind, die das beständige
Generaldirectorium oder den sogenannten Rath
von Jndien ausmachen, und immer 6. Jahre zu
Amsterdam, dann 2. Jahre zu Mittelburg residi=
ren
. Da inzwischen auch andere Nationen sich in
den ostindischen Handel gemischet haben, so ist
leicht zu erachten, daß der Profit der Gesellschaft
nicht mehr so beträchtlich seyn könne, als er von
Anbeginn derselben war.

Die zweyte privilegirte ansehnliche Handlungs=
compagnie
ist die Westindische, die 1621. errich=
tet
wurde, und sich auch auf die africanische Küste
erstrecket, weßhalb sie auch oftmals die africanische
Compagnie genennet wird. Jhr Fonds war etwas
über 600000. Gulden; Jhre Actien sind gegen=
wärtig
bis auf 36. oder 40. pro Cent gefallen,
woraus zu schliessen, daß zwischen ihr und der Ost=
indischen
eine grosse Kluft befestiget sey.


Vermischte Neuigkeiten.

Unlängst ereignete sich zu Londen eine Begeben=
heit
, die in den Gesellschaften verschiedene Tage
hindurch, Stoff zu scherzhaften Gesprächen gab.
Ein Officier von der Garde, von guter Familie,
verfügte sich nach geendigter Comödie in eines von
den Häusern von Drurry Lane, wo man allezeit
Frauenzimmer antrift, die von der Tugend einen
sehr allgemeinen Begriff haben. Er begab sich mit
einer von diesen Schönen in ein besonderes Zim=
mer
, und nach verschiedenen Gesprächen verfiel er
darauf, seine Göttin in Mannshabit bewundern
zu können. Er kleidete sie daher mit seinen eige=
nen
Kleidern an, und da er fand, daß sie nach
seinem Geschmacke war, zog er die ihrigen an,
um gleichfalls zu sehen, ob er als ein Frauenzim=
mer
besser aussehen, als eine Mannsperson. Die
Schöne bewunderte ihn eben sowohl als er sie, und
unter dem Vorwand, daß sie sich in ihrem neuen
Putze der Wirthin zeigen wollte, ergrief sie die
Gelegenheit mit den reich galonirten Kleidern des
Officiers und mit seinen Beinkleidern, in welchen
sich ausser einer ansehnlichen Börse, auch eine goldene
mit Brillanten besetzte Uhr befand, aus dem Hau=
se
zu schleichen. Als der Officier lange vergeblich
auf sie gewartet hatte, war er endlich genöthiget,
in Frauenzimmerkleidern in die Wirthstube zu ge=
hen
, um sich nach ihr zu erkundigen. Alle die
im Zimmer waren, erkannten ihn sogleich, und
anstatt ihm zu antworten, wurde über seinen lächer=
lichen
Frauenaufzug, über seinen entblößten Hals
und den elenden Anstand, den er dabey hatte,
ein so uneingeschränktes Gelächter aufschlagen,
daß er für nöthig fand, sich mit Scham und Spott
überhäuft zu entfernen. Er war von zu vielen
Personen gesehen worden, als daß er sich hätte

[6]

Hoffnung machen können, es würde sein Unglück
verschwiegen bleiben. Ganz Londen war mit der
Geschichte des in die Pallas verwandelten Mars,
schon den andern Tag angefüllet, und das Ge=
spötte
gieng so weit, daß dieser Officier sich ge=
nöthiget
sahe, diese Stadt auf einige Zeit zu ver=
lassen
, um einstweilen auf den Gütern eines seiner
Freunde zu leben.

* Nicht Venus, nicht der Gottt der Liebe
Sind Pallas Räuber hier; O nein!
Sonst müßte Mars längst nackend seyn.
Nur die Gelegenheit macht Diebe

Chinesische Sprüchwörter.

Aus einer zu Londen herausgekommenen Samm=
lung
von chinesischen Originalstücken.

Wer viel redet, dem wird niemals an Fein=
den
fehlen. Der Weise redet wenig, und höret
mehr.

Wenn man die Zweigen eines Baums nicht ab=
pflückt
, da sie noch zart sind, so können sie nach=
her
nicht ohne einer Axt abgehauen werden. *)

Jn Gesellschaft bewache deine Zunge; in der
Einsamkeit dein Herz. O Frauenzimmer!

Nicht ein einziger von Zehntausenden kommt
durch Gift um, und doch erfüllet uns die blosse
Erwähnung desselben mit Schrecken: welche Men=
ge
Menschen raft die Unmäßigkeit hinweg? und
doch wie wie wenig fürchtet man sie!

Je eiliger man einen Strang Zwirn entwickeln
will, desto mehr verwirret man ihn.

An einem verborgenen Orte einen Schatz finden,
dessen Eigenthümer man weiß; ein schönes Frauen=
zimmer
allein antreffen; die Stimme unsers Fein=
des
hören, der in einen Brunnen gefallen ist, wo
er ohne unsere Hülfe umkommen muß; = =vor=
trefliche
Probiersteine, des Herzens?

Ein gutes Buch zum erstenmale lesen, heißt
sich einen neuen Freund erwerben; wenn man
eines wieder lieset, daß man schon einmal gele=
sen
hat, da ist es als fände man einen alten
Freund wieder.

Wenn eine Familie des Morgens früh aufsteht,
so mache den Schluß, daß das Haus sehr wohl
regiert wird.

*) Die Nothwendigkeit einer frühen Zucht um
die lasterhaften Ausschweifungen der Jugend
zu unterdrücken.


Wien den 12. April 1766.

Dienstag den 8ten wurde die Vermählung
Jhrer Königl. Hoheit der Erzherzoginn
Christina mit dem durchlauchtigsten Prinzen
Albrecht, königl. Prinzen in Pohlen, und
Herzoge zu Sachsen, Dero hohes Namens=

fest eben auf diesen Tag fiel, zu Schloß=Hof
in der Kapelle um 6. Uhr Abends, ohne öf=
fentlichen
Gepränge, vollzogen. Sowohl
beyde Kaiserl. Majestäten, als der Kaiserinn
Apost. Königinn Majest. waren mit der durch=
lauchtigsten
Erzherzoginn Maria Anna dabey
zugegen, und der hochwürdigste durchlauch=
tigste
Prinz Clemens zu Sachsen, Bischof zu
Freisingen und Regensburg, Coadjutor zu
Augsburg, verrichtete die priesterliche Traun=
ung
und Einseegnung. Die durchlauchtigste
Braut war in ostindischen Mousselin mit
Silber gekleidet: die Damen trugen weissen
Taffet mit Schwarz: die Cavaliers graues
Tuch mit schwarzen Seidenborden gebrämt,
welches wegen noch währender tiefen Trauer die
Hofunisorm auf dem Land ist. Die Tafel war
diesen Tag von 24. Couverts, und der grosse
Schloßsaal nebst andern festlichenVerzierungen
mit 8. auf die Art der Gobelins zu Paris nach
den Zeichnungen des Le Brun verfertigten kost=
baren
Tapeten behangen, deren Vorstellungen
auf das hohe Beylager anspielten, und fol=
gende
waren: 1. Paris mit dem Apfel als
Richter der 3. Schönen. 2. Helena die
schönste Griechin von dem Trojaner Paris
entführt. 3. Die Vermählung Alexanders
des Großen mit Roxane der schönen Perserin.
4. Der Hochzeitgott, und der Liebesgott mit
der schönen Psyche. 5. Venus und ihr ge=
liebte
Adonis. 6. Venus auf ihrem Lust=
wagen
. 7. und 8. Tänze von Nymphen und
Satirn.

Die eingewirkte Jnschrift lautete:

VENERI FELICI
SATYRI ET NYMPHÆ
VICINI RURIS
VOTA SOLVUNT.

Den 9ten wurde die Einsegnungsmesse von
dem durchlauchtigsten Prinzen Clemens gele=
sen
. Diesen und den folgenden Tag wurden
einige Landlustbarkeiten, als Bauerenhoch=
zeit
, Glückshafen, Armbrustschiessen, kleines
Lustfeuer, Bauerncaroussel von 8. paar Rei=
tern
, welche die vier Elemente vorstellten,
Bauernwettrennen von 4. Bauernwägen,
und ein dergleichen Tanz von 8. Säcklau=
fern
ꝛc. zur Unterhaltung des Hofes aufge=
führet
. Dieser hielt Mittagmahl

Den 10ten zu Niederweiden, einem nächst
dem Schloße Hof in der Ebene gelegenen

[7]

neuen Lustschloß. Jhro Maj. die Kaiserinn
Königinn speisen immer allein. Es kommen
übrigens täglich hohe Standespersonen zur
Aufwartung daselbst an, und andere gehen
wieder ab.


Lista deren Verstorbenen zu Wien
in=und vor der Stadt

Den 7. April. Jn der Stadt.

  • Wenzel Holzner, K. K. Academiemahler, beym ro=
    ten
    Jgel untern Tuchlauben, alt 26. J.
  • Dem Barth. Stadler, Bed. s. K. Elis. beym gold.
    Straussen auf der Freyung, alt 1. J.

Vor der Stadt.

  • Dem Hrn. Ferd. Deicher, Secret. s. K. Gottl. b.
    3. Rittern zu Mariah. alt 1. J.
  • Dem Peter Frey, Hofzimmerpolier, s. K. Paul, im
    kl. Kaiserstadl in der Rossau, alt 2. J.
  • Dem Math. Götsch, Jnval. s. K. Mich. beym eng=
    lischen
    Gruß ausser Mariah. alt 1. J.
  • Dem Adam Schulz, Lehenkutsch. s. K. Carl, beym
    blauen Kutscher am Himmelpfgr. alt 7. J.
  • Dem Carl Leitner, Tischlergs. s. K. Elis. im Bild=
    haueris
    . H. zu Gumpend. alt 2. J.
  • Dem Mich. Reinwein, Brodsitz. s. W. Theres. b.
    Hirsch. in der Leopoldst. alt 41. J.
  • Dem Ant. Arnold, Ziegeldeck. s. W. Elis. b. Hahn
    am Himmelpfgr. alt 43. J.
  • Dem Phil. Wenipolz, Tagw. s. W. Barbara. beym
    gold. Brunn am Neub. alt 65. J.
  • Joh. Zober, Tagw. im Lageris. H. am Hundsth.
    alt 66. J.
  • Anna Brunerin, in St. Joh. Nep. Spit. alt 70. J.
  • Simon Griesberger, Zimmergs. bey der schönen
    Schäf. am Himmelpfgr. alt 40. J.
  • Dem Gottfr. Hantsch, Tagw. s. K. Barb. im Wis=
    mannis
    . H. zu der Leopoldst. alt 2. J.
  • Summa 14. Person, darunter 7. Kind.

Den 8. April. Jn der Stadt.

  • Dem Wohledl. Hrn. Joh. Georg Reiß, K. K. N.
    Oe. Handgrafenamts Expedit. s. Fr. Anna The=
    resia
    , im Raplis. H. am gr. Anger, alt 37. J
  • Der Wohlehrw. Fr . Noe Badthiedl, Ord. Min. S.
    Franc. im Klost. hintern Landh. alt 74. J.
  • Ant. Schmauser, Bed. im Dorothehof, alt 25. J.

Vor der Stadt.

  • Der Hoch=und Wohlgeb. Hr. Aloysi Marquis de
    Riva, Cadet, in der K. K. adel. Cadeten Pflanz=
    schule
    auf der Laimgr. alt 15. J.
  • Fr. Jacobina Nägerlin, Burgl. Wittwe, beyn 3.
    Kronen in der Josephst. alt 58. J.
  • Dem Jos. Richter, Burgl. Wirth, s. K. Jos. beym
    roten Kreuz am Himmelpfgr. alt 4. J.
  • Dem Joh. Weis, Burgl. Schust. s. K. Joh. in s.
    H. am Spitalb. alt 1. J.
  • Dem Joh. Leitgeb, Tandl. s. K. Math. beym Rößel
    am Tury, alt 1. J.
  • Clara Petzin, Wittwe, beym roth. Apfel auf der
    Wieden, alt 64. J.
  • Summa 9. Personen, darunter 3. Kind.

Den 9. April. Jn der Stadt.

  • Dem Wohledl. Hrn. Nic. Appl, K. K. Geh. Hof=
    und Staatscanzlist. s. K. Anna, im Riemeris.
    Haus im Comödigäßel, alt 1. J.
  • Dem Joh. Burger, Burgl. Schneider, s. K. Anna,
    im Gaisenhof. H. im Paternosterg. alt 2. J.

Vor der Stadt.

  • Dem Mich. Kintzl, Burgl. Schneid. s. K. Johan.
    beym rot. Hirsch. in der Leopoldst. alt 7. v. J.
  • Joh. Brandstätter, Zimmergs. beym gr. Adler am
    Strotzis. Grund, alt 66. J.
  • Ther. Lindnerin, led. St. bey der schön Schäferin
    am Tury, alt 22. J.
  • Dem Math. Schlaminger, Tagw. s. W. Maria beym
    roth. Hirsch. in der Leopoldst. alt 66. J.
  • Jacob Piesinger, Kreuzlmacher, beym gold. Fäßel
    auf der Neuwied. alt 69. J.
  • Summa 7. Pers. darunter 3. Kind.

Den 10. April. Jn der Stadt.

  • Der Wohlehrw. P. Don Pietro Stendardi, Ord.
    Theatin. im Ordensh. auf der Hohenbr. 45. J.
  • Der Wohledelgestr. Hr. Barthol. Winkler, K. K.
    Hofkriegsrahts in Commissar . Concip. im Gas=
    senhofis
    . H. im Paternosterg. alt 63. J.
  • Die Wohledelgeb. Fr. Rosa v. Pioska, Wittwe, im
    Tischl. H. unweit dem H. Kreuzerh. alt 70. J.
  • Dem Hrn. Joh. Lunz, Burgl. Conductansag s. K.
    Barbara, im Trientnerh. alt 5. J.
  • Fr. Maria Helena Neubeckin, Burgl. Wittwe, im
    Kloster bey St. Jacob, alt 74. J.
  • Thom. Kautzky, Burgl. Sporren, in s. H. im Schlos=
    sergässel
    , alt 58. J.

Vor der Stadt.

  • Joh. Lachbrunner, gew. Burgl Kuchelgartner, im
    neugebauten H. in der Leopoldst. alt 74. J.
  • Dem Joh. Hofmann, Herrschaftl. Bed. s. W. Si=
    billa
    , beym roth. Thor in der Leopoldst. alt 62. J.
  • Dem Joh. Uber, Reitkn. s. W. Anna, in der Schleif=
    mühl
    auf der Wieden, alt 38. J.
  • Fridr. Heiling, K. K. Reitkn. beym gelb. Anker im
    Lerchenf. alt 54. J.
  • Joh. Arnold, Brandw. im Breindlis. Haus zu St.
    Ulrich, alt 60. J.
  • Dem Jos. Wayß, Maurergs. s. K. Jos. beym Löwen
    im Liechtenth. alt 3. J.
  • Dem Joh. Barwely, Herrsch. Bed. s. K. Anna, b.
    Rössel am Spitalb. alt 1. J.
  • Jacob Obermasser, vac. Bed. im Starhemberg. H.
    auf der Wieden, alt 44. J.
[8]
  • Thom. Hiechlinger, Tagw. beym gold. Fäßel am
    Neust. alt 50. J.
  • Peter Hauer, Bandelkram. bey der golden Kandel
    am Neust. alt 52. J.
  • Summa 16. Pers. darunter 3. Kind

Nachricht.

Es wird anmit jedermänniglich kund ge=
macht
, wasmassen Se. kaiserl. Majest. aus
allerhöchst zu dem hiesigen Publico allermildest
hegenden Zuneigung Sich allergnädigst ent=
schlossen
, und verordnet haben, daß künftighin
und von nun an, zu allen Zeiten des Jahrs,
und zu allen Stunden des Tags, ohne Un=
terschied
jedermann in den Bratter sowohl,
als in das Stadtgut frey spatzieren zu gehen,
zu reiten und zu fahren, und zwar nicht nur
in der Hauptalle, sondern auch in den Sei=
tenalleen
, Wiesen und Plätzen (die allzu ab=
gelegene
Orte, und dicke Waldungen, wegen
sonst etwa zu besorgenden Unfugs und Miß=
brauchs
alleinig ausgenommen) erlaubet, auch
Niemanden vermehrt seyn soll, sich daselbst
mit Ballonschlagen, Kegelscheiben, und an=
dern
erlaubten Unterhaltungen eigenen Gefal=
lens
zu divertiren: wobey man sich aber ver=
stehet
, daß niemand bey solcher zu mehrerer
Ergötzlichkeit des Publici allergnädigst ver=
stattenden
Freyheit sich gelüsten lassen werde,
einige Unfüglichleit, der sonstig unerlaubte
Ausschweifungen, zu unternehmen, und anmit
zu einem allerhöchsten Mißfallen Anlaß zu
geben. Wien den 7. April 1766.


Nachricht.

Von der von Jhro Rom. Kaiserl. Königl. Apost.
Majestät allergnädigst angeordneten Ministerial
Banco Hofdeputation wegen, hiemit männiglich
kund zu machen: Nachdeme Kraft allerhöchster
Resolution d. d. 10. Martii inlebenden Jahrs, die
bey diesseitiger Hauptcassa bishero zurückgelangte
untern 1. Juli 1762. ausgestellte Bancozettuln
aus dem Umlauf gebracht und vermittelst öffent=
cher
Verbrennung gänzlich getilget werden sol=
len
, so wird mit dieser Verbrennung, und zwar

  • 587829. Stuck a 5. fl. = =2939145.
  • 226261. Stuck a 10. fl. = =2262610.
  • 65980. Stuck a 25. fl. = =1649500.
  • 33460. Stuck a 50. fl. = =673000.
  • 3194. Stuck a 100. fl. = =319400.

  • fl. 7843655.

betragend, auf der Glacis linker Hand vor dem
Schottenthor den 17. April dies Jahrs feyerlich
zu Werk gegan⟨g⟩en, und somit nach Maaß als der
bey Papiere bey der diesseitigen Hauptcassa ein=
fliessen
, bis diese gänzlich einkommen, von Zeit
zu Zeit fortgefahren werden. Wien den 4. April
1766.


Nachricht.

Von der von Jhro Rom. Kaiserl. Königl. Apost.
Majest. allergnädigst angeordneten Teutscherblän=
dische
Ständischen Creditedeputation wegen, hie=
mit
männiglich kund zu machen: Nachdeme, Kraft
§. 1. des K. K. Edicts d. d. 31. Jänner 1763. die
von Zeit der den 6. August 1763. von 140000. fl.
6. pro Centig allgemein Ständischer Zahlungsob=
ligationen
erfolgten Verbrennung, so nach in das
allgemein Ständische Creditsdeputations Zahlamt
weiter eingegangene sowohl 6. als 5. pro centige
allgemein Ständische Darlehns=und Zahlungsob=
ligationen
aus dem Umlauf gebracht, und vermit=
telst
öffentlicher Verbrennung gänzlich getilget wer=
den
sollen, so wird mit dieser Verbrennung, und
zwar an 6. pro centig allgemein unterm 1. Julii
1761. ausgestellten Ständischen Darlehnsobliga=
tionen
mit

  • 1565. Stuck a 1000. fl. = =1565000.
  • 5534. Stuck a 500. fl. = =2767000.
  • 11505. Stuck a 250. fl. = =2876250.

  • 7208250.
  • und an 6. pro centigen gleichfals un=
    term
    1. Julii 1761. ausgestellten allge=
    mein
    Ständischen Zahlungsobligatio=
    nen
    20875. Stuck a 100. fl. =2087500.
  • 201147. Stuck a 25. fl. = =5028675.

  • 7116175.
  • dann an 5 pro centigen Ständischen
    Zahlungsobligationen d. d. 1. Febr.
    1763.
  • 4262. Stuck a 120. fl. = =511440.
  • 8500. Stuck a 60. fl. = =510000.
  • 45291. Stuck a 30. fl. = =1358730.
  • 146500. Stuck a 15. fl. = =2197500.

  • 4577670.
  • Zusammen= =fl. 18902095.

betragend, auf der Glacis linker Hand vor dem
Schottenthor den 14. April des Jahrs feyerlich
zu Werk gegangen werden, und somit nach Maaß,
als derley Papiere bey der diesseitigen Hauptcassa
einfliessen, bis solche gänzlich einkommen, von
Zeit zu Zeit fortgefahren werden. Wien den 4.
April 1766.

[9]

Gelehrter Nachrichten

II tes

Stück.

Sonnabends=

Anhang

den 12ten

April

im Jahre

1766.

Num.

30.

LUTA SUB ÆGIDE PALLAS


Von der Beschaffenheit, dem Umfange, und dem Nutzen der
Moral; eine Vorlesung auf Befehl, und in hoher Gegenwart Sr.
churfürstlichen Durchlauchtigkeit zu Sachsen Friedrich Augusta, den
29sten April 1765 auf der Universitätsbibliothek zu Leipzig gehalten
von C. F. Gellert. Leipzig bey M. G. Weidmanns Erben ꝛc. in
in 8vo 40. S.

Diese Schrift ist in den Bayerischen Sammlungen und Aufzügen zum Unterricht
und Vergnügen zum erstenmale im Druck erschienen. Gegenwärtige Auflage hat
der Herr Prof. Gellert selbst veranstaltet. Wir denken das Publikum zu verbinden, wenn
wir ihm solche bekannt machen. Gellerts Schriften bedörfen keiner Anempfehlung; sie
tragen das Gepräng des guten Geschmacks auf ihrer Stirne.

Die reinste Sittenlehre, die in allen Schriften des Herrn Verfassers herrschet,
und die uns durch seinen Vortrag schätzbar wird, ist der Hauptgegenstand dieses vortreff=
lichen
Werkchens. Wir lernen daraus, was eigentlich die Moral ist; ihren Endzweck, die
göttlichen Absichten, und die Mittel, diese Absichten zu erreichen. Die Moral, spricht
der Herr Verf. oder die Kenntniß von der Pflicht des Menschen soll unseren Ver=
stand
zur Weisheit, und unser Herz zur Tugend bilden, und durch beydes uns zum
Glücke leiten. Dieses ist der Endzweck der Moral; sie muß uns weise, tugendhaft, und
folglich glücklich machen. Aber welches ist das Glück, das wir durch sie zu erreichen trach=
ten
sollen? Niemand wird ein Glück suchen, fährt der Hr. Prof. fort, das er nicht kennet,
noch die Mittel dazu anwenden können, wenn er sie auch nicht kennet, oder nicht überzeigt

ist.
[10]

ist, daß sie die besten und einzigen sind. Die Moral muß uns also lehren, was unser
wahren Glück oder unser höchsten Gut seye; sie muß uns lehren, auf was für einem Wege
wir am sichersten zu diesem Ziele gelangen können.

Wenn wir und genau prüfen; wenn wir einen forschenden Blick auf andere,
die neben uns sind, werfen, und wenn wir die Natur mit allen ihren Auftritten, und die
Welt mit ihren Wundern, Ordnung, Mannigfaltigkeit, Schönheit, u. s. w. betrachten;
so finden wir so viele Spuren eines weisen, gütigen, und allmächtigen Schöpfers, daß es
nicht auf unsern Willen ankömmt, ob wir ihn erkennen, und an ihn glauben wollen oder
nicht. Dieser gütige, dieser allmächtigen, dieser weise Schöpfer also kann uns nicht ohne
Absichten geschlaffen haben; die Moral muß uns sie lehren diese Absichten, sie muß uns
die Mittel sie zu erreichen, sie auszuführen aufdecken.

Die höchste Absicht, sagt der Herr Verf. kann nichts geringers seyn, als eine
dauerhafte, und allgemeine Zufriedenheit, und Glückseligkeit der Menschen, durch
einen freywilligen Gehorsam gegen unsern Herrn, und Schöpfer. Die Absicht
des Schöpfers gegen uns ist also unsere Glückseligkeit; das Mittel, diese Glückseligkeit zu
erlangen, ist der freywillige Gehorsam gegen ihn; diesen Gehorsam mit Unterwerfung,
Treue und Eifer ausüben, ist Pflicht, Weisheit und Tugend. Die Moral lehret uns
also heilige Pflichten, und für uns selige; diese Pflichten, als Mittel zu unserm Glücke, sind
unveränderlich, sie sind in dem ewigen Willen Gottes, und in seiner Heiligkeit gegründet.
Wenn wir nun durch Beyhülfe der Moral wahrhaft glücklich werden sollen; so muß sie
uns die Pflichten aufdecken, die der Heiligkeit Gottes angemessen sind; folglich muß sie uns
den Unterschied des Guten, und Bösen, des Edlen, und Unedlen, des Rühmlichen, und
Schändlichen erkennen lehren, damit wir desto leichter das Gute suchen, und das Böse
verwerfen.

Diese Ausübung dieser Pflichten wird öfters durch unsere Neigungen, und Leiden=
schaften
unterbrochen, wenn sie die Schranken überschreiten, die ihnen Gott angewiesen hat.
Da sie uns zu Triebfedern unsers Glückes gegeben sind; da sie mannigfaltig vieler Ver=
gnügungen
, und vieler Schmerzen fähig sind, so erfordern sie eine freywillige, und
ihren Gegenständen gemässe und sorgsame Anwendung. Sie müssen den Verstand
zum Anführer haben, man muß seine Stimme hören; man muß sie mit Aufrichtigkeit,
Lehrbegierde in einer Stille der heftigen Leidenschaften hören, man muß seinen Be=
fehlen
gehorchen, folglich müssen wir diesen Befehlen oft eine süsse Neigung entweder ganz
aufopfern, oder die unordentlichen Selbstliebe doch mäßigen. Beydes ist Arbeit, und eine
Gewalt, die wir uns selbst anthun müssen. Wird es also nicht gewiß seyn, daß die Tu=
gend
, daß unser Glück ohne Mühe, ohne fortgesetzte Mühe weder erlanget, noch erhalten
werden kann, und daß also die Moral ein Werk unsers ganzen Lebens, des jugendlichen,
des männlichen, des höhern Alters; daß sie keine müßige Weisheit der Schulen, keine
kraftlose Nahrung des Gedächtnisses, keine prahlende Wissenschaft sey, um in Gesellschaf=
ten
, oder Büchern damit zu glänzen, sondern ein Unterricht, dem wir in unserm Herzen
und ganzen Wandel, in der Stille und im Geräusche, in den Stunden der Arbeit, und
der Erholung im Glücke, und im Unglücke, in gesunden und kranken Tagen, nahe am To=
de
, und fern vom Graben in allen Verhältnissen des Lebens als Kind, als Vater, als Bru=
der
, als Gatte, als Freund, als Lehrer, als Regent, als Unterthan, als Bürger des Va=
terlandes
, und als Bürger der Welt, und der Ewigkeit folgen sollen? Durch Ausü=
bung
also des Guten, des Edlen. des Rühmlichen, wird unser Her gebildet und gebessert;
ein Glück, das wir der Moral schuldig sind.

[11]

So fährt unser gelehrter Herr Verfasser in der Folge fort, und erweiset durch eine
Reihe der bündigsten Vernunftschlüsse, die wie eine Kette unzertrennlich sind, daß die Mo=
ral
uns unser wahres Glück, oder unser höchstes Gut lehre, daß sie uns die Wege hiezu zu
gelangen, unzweifelhaft zeigte, daß sie uns das aufdecke, was einem Geschöpfe, welches aus
einem unsterblichen Geiste, und aus einem hinfälligen Körper bestehet, am zuträglichsten der
Ruhe der Seelen, und der äußerlichen Wohlfahrt am gemäßensten sey.

Wir können uns nicht entbrechen, unseren Lesern noch eine Stelle von der 30. und fol=
genden
S. anzuführen. Nachdem uns der Herr Verf. gelehrt hat, daß man alle Pflich=
ten
ausüben soll, wodurch wir der Gottheit am ähnlichsten werden; daß es zwar leicht
möglich sey, diese Pflichten auszuüben; daß jedoch unsere natürliche Tugend öfters unvoll=
kommen
bleibe; daß wir durch die Geburt, durch Erziehung, und Beyspiele eine Neigung
zum Bösen, eine Trägheit zum Guten fühlen, und daß wir dieses Verderben, dieses trä=
ge
Unvermögen bloß durch einen höheren göttlichen Beystand überwinden können: so fährt
er fort: Wenn also der Mensch keine, als die natürliche Religion empfangen hat: so
ist das System, von dem ich jetzt geredet, wahr, und gut, und er muß ihm folgen. Hat
er aber eine nähere Offenbarung von Gott, und seinen Pflichten, wie sie der Christ hat,
und höhere Mittel seinen Verstand zu erleuchten, und sein Herz zu bessern, und zu bilden,
als die Mittel der Natur sind; so muß ihm die natürliche Religion die Führerin zur ge=
offenbarten
werden, oder er treibt den schändlichsten Mißbrauch mit der Vernunft, und wird
ein Rebell gegen die Weisheit, und Güte Gottes.

Die allgemeinen Hilfsmittel aber, die und die Natur darbent, zur Tugend zu
gelangen, und uns in derselben zu befestigen, lassen sich von einem forschenden Verstande
leicht entdecken. Erwirb die, so lehret die Vernunft und die Erfahrung, erwirb dir
eine deutliche überzeugende, und vollständige Erkenntniß deiner Pflichten, ihrer Nothwen=
digkeit
, und Vortrefflichkeit; erneuere, und befestiget diese Erkenntniß oft, bewahre sie vor
Jrrthümer, und wende sie sorgfältig auf das Leben, und die Ausübung an, und lerne es
empfinden, daß deine Pflicht, auch die schwereste, dein Glück ist. = =Wache über deine Lei=
denschaften
, und deine Sinnlichkeit, sie verführen dich; setze dahero ein weises Mistrauen
in dich selbst, und prüfe täglich dein Herz, und deinen Wandel mit Aufrichtigkeit; denn
jeder neuer Tag ist ein neues Leben für dich. = =Denke oft in feyerlicher Still an Gott,
u. s. w. unterdrücke nie den Trieb deines Gewissens, und die innerliche Schamhaftig=
keit
vor dem Bösen, sie sind die Schutzengel des Guten. = =Suche früh in deiner Ju=
send
gewissenhaft zu leben, ehe sich dein Herz gegen das Gute verhärtet; = =suche dich
stets nützlich zu beschäftigen, und lerne Mühe über dich nehmen, denn ohne Mühe ist kein
Glück, kein Verdienst, keine Tugend; = =versage dir oft auch erlaubte Vergnügungen, um
die Herrschaft über deine Neigungen zu behaupten: = =Fliehe den Umgang mit den La=
serhaften
, suche die Gesellschaft guter Menschen, und lerne Klugheit aus ihren Beyspielen,
und Weisheit aus dem Unterrichte der Verständigen, und aus dem Lesen nützlicher Schrif=
ten
für den Verstand, und das Herz: = =dieses thue, und fahre fort es zu thun, so wirst
du an Tugend, und Glückseligkeit wachsen.

Elende Witzlinge! die ihr so gerne die Miene eines Freygeistes spielen möchtet, ihr,
welche eine unthätige Trägheit tieferer Ueberlegungen unfähig machet, die ihr kaum die
Oberfäche der Weisheit, der Wissenschaften von ferne erblicktet, und dennoch die Vernunft
selbst anzufallen euch erkecket; leset, und erröthet!

Wir sind überzeugt, daß unsere Leser begierig sind, das Stück in seinem ganzen Um=
fange
zu kennen. Man findet es bey Hrn. Johann Paul Kraus, Buchhändlern nächst
der k. k. Burg.

[12]

N. Schr.

Wir sind aus einer benachbarten Stadt mit einem Schreiben beehret worden, welches
uns einen sehr nützlichen und fleißigen Mann verräth. Ein kleiner Auszug davon
wird vielleicht unsern Lesern nicht unangenehm seyn. Hier ist er.

Wegen den Anbau=oder Aussaatkästeln von Lion, habe ich auch meine mechani=
schen
Kräfte zusammen genommen, und eines dergleichen erfunden, weil ich weiß und ge=
sehen
habe, das durch das Einackern des Korns, das Getraide in bessern Flor kommet
als durch das Einäggen; allein ich bin damit noch nicht zu frieden, sondern suche dem
Landmann und dem ganzen Staate, diese meine Erfindung noch nützlicher zu machen; wie
sich dann bereits eine Jnvention eines Pflugs habe, womit der Ackersmann in kurzer Zeit
und wenig Mühe, auch ohne das es dem Zugvieh schwerer wird, drey Arbeiten zugleich
verrichten, nämlich Ackern, Seen, und Bedeken kann. Das Erdreich zertheilet sich
auch besser, damit keine so grosse Erdschollen auf der Aussaat liegen bleiben. Die Er=
findung
ist simpel, und daher erfordert sie keine grossen Unkosten, dann ich weiß, daß ein
armer und dabey einfältiger Bauer weder Capitalist noch Künstler ist. Nun will ich es
nur noch in etwas prüffen, und sodann ein kleines Modell zu verfertigen suchen, um meine
Begriffe deutlicher an Tag legen zu können.

Jch bin ꝛc.

So eifrig wir indessen wünschen, bald ein mehreres davon anzeigen zu können,
so sehr versichern wir den Hrn. Verfasser seine Berechnung von der Quadratur des Cir=
kels
nicht zu vergessen, so bald wir diese Materie abhandeln werden.

»