Num. 25. Mittwoch den 26. Märzen 1766.
Wienerisches DIARIUM.
Gedruckt in dem k. k. priv. Zeitungsverlag und Buchdruckerey
im neuen Michaelerhaus mit von Ghelischen Schriften.
C. S. P. S. C. A. M. A.
Londen den 4. März.
Seit dem 28sten vorigen Monats ist
das Parlament nur zweymal
ver=
sammlet gewesen, nämlich
ver=
gangenen Freytag und gestern; am
Sonn=
abend den 1sten März, war es nicht
bey=
sammen, weil auf diesen Tag St. David
fällt, der in der ganzen Grafschaft Wallis,
hier bey Hofe und unter den Landeskindern
selbiger Grafschaft, die sich hier befinden,
feyerlich gehalten wird. David ist der alte
Heilige der Einwohner der Grafschaft
Wal=
lis; der Tag ist ihnen aber heut zu Tage
nicht sowol um seiner selbst willen feyerlich,
als vielmehr, weil sie an denselben vor
Zei=
ten einen herrlichen Sieg erfochten haben.
Sie tragen auf solchem Tage einen Lauch
auf dem Hut, ihre Weiber aber an der
Brust, weil sie sich in besagter Schlacht
dieses Gewächsen an statt eines Feldzeichens
bedienet haben. An diesem Tag wird alle=
zeit Cour gemacht, und der König, nebst
der ganzen Königl. Familie, trägt gleichfalls
einen Lauch.
Je mehr es sich mit Beylegung der
Strei=
tigkeiten zwischen diesem Hofe und denen von
Versailles und Madrid in die Länge ziehet,
je zweifelhafter wird es, ob der Herzog von
Richmond als königl. Ambassadeur wiederum
nach Paris abgehen werde. Bey Sr. Ma=
jestät dem Könige sind diese Tage her, über
die Angelegenheiten von Amerika grosse
Staatsberathschlagungen gehalten worden.
Auch kam am 28. pass. ein Courier aus
Stockholm an, der, wie es heißt, die
Ra=
tification des mit der Krone Schweden
ge=
schlossenen Handlungstractats überbracht hat.
Da die Einwohner und die Garnison von
Gibraltar durch in am 30. Jänner
erlit=
tenen Sturm in die elendesten Umstände
ver=
setzet worden, so werden anjetzo viele
Lebens=
mittel nebst Munition und baarem Gelde
dahin abgeschickt. Seit der aufgehobenen
Stempeltaxe sind auch vor mehr als 400000.
Pf. St. Waaren auf die nach Amerika
bestimm=
te und auf der Themse ligende Schiffe
ge=
bracht worden. Am dritten dieses wurden
in dem Pallast St. Majest. der Königinn, in
Gegenwart beyder königl. Majestäten, dem
Prinzen Wallis, und dem Fürsten Bischoffen
von Osnabrück die Blattern inoculiret, wel=
chem hohen Beyspiel nunmehro die
vornehm=
sten Familien folgen. Am 4ten dieses kam
endlich die Bille wegen Aufhebung der
Stem=
peltaxe durch die Mehrheit von 250. Stim=
men gegen 122. zum Vergnügen des
Mini=
sterii und der ganzen Nation, als ein Gesetze
gänzlich zu Stande. Am 5ten wurden zum
erstenmal in dem Oberhause die zwey Bills,
wegen Aufrechthaltung der Authorität
Groß=
brittanniens über die Colonien, und wegen
Aufhebung der Stempelacte in America
ab=
gelesen, und beschlossen, solches am 7ten dieses
zu wiederhohlen. Die Londner Kaufleute
überreichten am nämlichen Tage diesem
Hau=
se ein Memoire, in welchem sie bathen, daß
man der Bille, welche die Aufhebung der
Stempeltaxe betrift, in besserer Beförderung
der Handlung die Form eines Gesetzes geben
möchte. Dieses Verlangen der
Kaufmann=
schaft erregte aufs neue grosse Debatten, al=
lein, endlich gewann die Parthey des Hrn.
Pitts die Oberhand, und besagte Bill wurde
so wie im Unterhause, durch die Mehrheit
der Stimmen für ein gültiges Gesetz
Groß=
brittanniens erkläret.
Versailles, den 5. März.
Am vierten traf die grosse Deputation des
Parlaments von Rouen, die der König
an=
hero entboten hatte, mit dem Befehle, daß
sie Sr. Majestät die Ausfertigungen der von
diesem hohen Gerichtshofe, unter dem 22sten
August 1765. und 25sten Februar. 1766.
wegen der Angelegenheiten von Pau und
Bre=
tagne gemachten Schlüsse überbringen sollte,
allhier ein. Sie bestund aus 13, Personen,
und ward noch an dem nemlichen Tage, um
6. Uhr Nachmittags, Sr. Majestät
vorge=
stellet. Allerhöchstdieselben empfiengen diese
Deputation, auf Dero Lehnstuhle sitzend, in
Gegenwart der Prinzen von Geblüte, Dero
Räthe, und hohen Hofbedienten, und sagten
sodann zu dem Oberpräsidenten: „ Uberge=
bet Mir eure Schlüsse “ Nach Uberrei=
chung derselben setzten Se. Majestät hinzu:
Gehet, und wartet, bis Jch euch Meine
Antwort ertheile. “ Nachdem die
Deputir=
ten abgetretten waren, hielt der König
also=
bald Staatsrath, nach dessen Ausgang Se.
Majestät die Deputirten wider vorkommen
liessen, und in höchsteigener Person Dero
Antwort denselben in folgenden Ausdrücken
ertheilten:
Jch habe eure Vorstellungen gelesen; ihr
sollet dergleichen nimmermehr an Mich
rich=
ten. Meine Völker sind unterthänig und
ruhig: die Bewegungen, die ihr vorspieglet,
äussern sich lediglich unter euch. Der Eid,
den Jch, nicht der Nation, wie ihr euch
er=
dreistet, es zu sagen, sondern GOtt allein
ge=
schworen habe, nöthiget Mich zuförderst, die
jenigen zu ihrer Pflicht zurück zu weisen,
die davon abweichen, und der Verfassung
meines Staats zuwiderlaufende Lehrsätze
ein=
führen wollen. Jhr habet nicht gescheuet,
dieselbe in euren Schlüssen, die Jch nicht
bestehen lassen kann, in Ausübung zu bringen;
nun sollet ihr das Urtheil vernehmen, mit=
telst dessen Jch sie zernichten und ungültig
erkläre. “
Hirauf verlaß der Minister und
Staats=
secretair Herr Bertin, das Urtheil der
Ver=
nichtung, und nach diesem Vorgange sagten
Se. Majestät:
“ Jch will euch wohl nochmals an die
wah=
ren Lehrsätze erinnern, dem Jch euch die
Antwort, die Jch gestern Meinem
Parla=
mente von Paris ertheilet habe, zustelle.
Sie soll euch zur Richtschnur dienen, und
zwinget Mich nicht, diejenigen zu bestrafen,
die davon abweichen würden. Von allem
dem, was sich so eben zugetragen hat, sollet
ihr den Bericht abstatten. “ Zu gleicher Zeit
übergaben Se. Majestät dem
Oberpräsiden=
ten die Antwort, die Sie Tages vorher dem
Parlamente von Paris ertheilet hatten, wor=
auf die Deputirten sich wegbegaben.
Der Königin Majest. befinden sich seit
einigen Tagen etwas besser. Eine derselben
gestern beygebrachte Purganz hat gute
Wir=
kung gethan. Abends war das Fieber nicht
so stark und die Nacht ruhig. Der Husten
hat wirklich nachgelassen und der Aufwurf
ist von besserer Art.
Mayland den 12. März.
Wir haben abermal einen Beweiß, wie
weit die Sorgfalt Jhro Majestät
unserer allergnädigsten Frau für das
Wohl des hiesigen Staats sich erstrecket,
indeme Höchstdieselbe aus mindester
Be=
herzigung des zimlichen Verfalls hiesiger
Studien eine so weise, als nöthige
Ver=
ordnung ergehen lassen, Kraft welcher
die Studien bald in ein glänzenderes Licht
werden gestellet, und somit der
Vollkommen=
heit anderer unter Dero höchstbeglückten
Scepter stehenden Universitäten in allem
ähn=
lich werden gemachet werden: Um also
die=
sen für das Wohl eines Landes
höchstwich=
tigen Entwurf zu seiner gänzlichen Reise zu
bringen, haben Höchstdieselbe mittelst einer
eigenhändig unterzeichneten Verordnung
aller=
gnädigst anbefohlen, daß sowohl die
Uni=
versität zu Pavia, als die palatinische,
und andere Schulen hiesiger Hauptstadt
von nun an unter der Obhut der hiesigen
Regierung stehen, und diese einer eigens
zu diesem Endzweck bestimmten
Deputa=
tion sich bedienen sollte, welche jederzeit aus
5. Räthen, und einem Secretaire
beste=
hen würde: Jhro kais. Majestät haben
demnach zu diesen wichtigen Geschäfte den
Präsidenten von dem Commerz=oder
Wirt=
schaftsrath Hrn. Grafen Renaldo Carli, die
Wirtschaftsräthe Adam Nicola Recci, Mi=
chael Adaverio, Joseph Pecis, und den
Herrn Arzten Joseph Cicognini
benen=
net, welche unter der Direction des
hie=
sig gevollmächtigten Ministers Sr. Excell.
des Hrn. Grafens von Firmian, und dem
Beysitzer des Gubernialsecretairs Hrn. Ab=
tens Julian Cartelli den schon unterm 3.
Octob. 1757. hieher gesandten Plan auf
das neue in Berathung ziehen, denselben
reifliche überlegen, und soviel möglich nach
der eigenen unverbesserlichen Art
einrich=
ten sollen, wie die Studien in Dero
deut=
schen Staaten gehandhabet werden; Wenn
nun dieses beschehen, sollen sie ihre
dies=
fällige Bearbeitung zur allerhöchsten kais.
Einsicht, und Begnehmigung nacher Wien
abfertigen, nach dessen Erfolg aber sich
angelegen seyn lassen, das ganze System
in sein gehöriges Geleiß zu bringen, und
über die genaue Befolgung desselben
sorg=
fältigst zu wachen.
Verona 11. März.
Jüngst verflossenen Mittwochs wurde die
von hiesiger Stadt gestiftet, und errichtete
Mahleracademie für heuer zum erstenmal
un=
ter der Direction unseres berühmten Herrn
Cignaroli mit vieler Feyerlichkeit unter dem
Schall einer herrlichen Musick eröfnet, wo=
bey der Sal auf das prächtigste
ausgeschmü=
cket, und beleuchtet ware. Nach beschehener
Vorlesung der von dem Senat gebilligten
Aademiegesetzen, legte der ehrwürdige
Vat=
ter Hyppolitus, ein Priester des
Oratorii
, aus
dem gräflichen Hause
Bevilacqua
eine zierliche
Rede ab; sodann verlase der beständige
Se=
cretaire der Academie Hr. Hyeronimus
Pom=
pei ein Lobgedicht über die Mahlerkunst, wel=
ches mit einer kurzen Danksagung an die
er=
lauchte Stadt wegen der Aufrichtung dieser
Academie beschlossen wurde. Se. Excellenz
Hr. Marx Zen, unser Capitain, und
Vice -
Podesta,
dann der
Monsig. Giustiniani
, hie=
siger Bischof, alle Vorstehere der Stadt, und
der gesammte hiesige Adel erschienen bey
die=
ser feyerlichen Handlung in prächtiger Gala,
wornach sie alle in die Nebenzimmer sich
ver=
fügten, um die zur öffentlichen Schau
ausge=
stellte Probstücke der wirklichen Mitglieder der
Academie sowohl, als der noch sindirenden
Schüler in Augenschein zu nehmen; von
de=
nen Ersten konnte man bereits 33. so
künstlich=
als wohl ausgesonnene Gemählde, und von
denen Letzteren wirklich schon 45. Stücke
zeh=
len; Ein Beweis, daß diese unvergleichliche
Mahlerschule ihren vorzüglichen Glanz
stäts=
hin behaupten wird, womit sie schon durch
drey Jahrhunderte vor anderen pranget.
Mantua den 14. März.
Gestern Abends wurde das hiesige grobe
Geschütz dreymal abgebrannt, um dadurch
die höchste Geburtsfeyer Josephs des
II
.
itzt glorwürdigst regierenden kaiserl. Majestät
anzukündigen.
Hamburg den 12. März
Jn der 41. No, des dasigen wöchentlich
ge=
druckten Correspondenten steht folgendes:
Zur Einrückung ist uns dieses von
siche=
rer Hand mitgetheilet worden:
Es ist vor einiger Zeit eine Schrift im
Druck erschienen, unter dem Titul:
Ma-
tinées
. . . . . Man ist nicht wenig
ver=
wundert, daß Leute so verwegen seyn
kön=
nen, dergleichen falsche ungegründete und
ab=
geschmackte Sachen zu schreiben, und dazu
den Namen eines großen Prinzen zu
mis=
brauchen. Hätte das Verächtliche, das
Un=
geziemende und das Unartige in einem
sol=
chen Unternehmen den Schreiber und den
Drucker nicht abgehalten, sich auf diese
Weise gegen die gesittete Welt zu vergehen,
so sollte es die Gefahr gewesen seyn, wel=
cher sie ausgesetzet bleiben, die verdiente
Strafe dafür zu seiner Zeit zu empfangen, “
Diese Nachricht ist um desto nöthigen, je
mehr durch dergleichen Schriften die
ohne=
dem verachteten Lehrsätze einer gesunden
Politik leiden, und die Grundfeste, wor=
auf das wahre Wohl der Völker und
Staa=
ten beruhen, erschüttert werden.
Nancy den 3. März.
Der Starost Poninsky, und der
Kammer=
herr Lecow, reiseten hier durch. Sie
kom=
men aus Warschau, und gehen nach
Versail=
les. Der erstere hat den Auftrag, von
Sei=
ten des Fürsten Primas Genugthuung zu
ge=
ben, und der andere soll die Thronbesteigung
Sr. königl. pohln. Majest. notificiren, und
sodann, wie es heißt, als königl pohlnischen
Abge=
sandter bey dem französischen Hof verbleiben.
Copenhagen den 8. März.
Beschreibung des in der
Christiansburgsschloß=
kirche aufgeführten prächtigen Trauergerüste,
worauf die Königl. Leiche den 26sten
Febr. 1766. gesetzet worden ist.
Das Trauergerüst, worauf des
höchstsel=
gen Königs Leiche gesetzet worden ist, präsenti=
ret eine, in der Mitte der Schloßkirche
auf=
gerichtete prächtige ägyptische Pyramide, de=
ren Farbe dem weissen Marmor vollkommen
ähnlich ist.
Unter dieser Pyramide siehet man eine
Er=
höhung von 8. Fuß, welche scheint, als wenn
sie von viereckigten Stücken eines grünen
ve=
netianischen Marmors aufgemauert wäre.
Auf jeder Ecke dieser Erhöhung siehet man
ei=
nen Altar mit dreyen symbolischen Figuren.
Oben auf einem jeden dieser Altäre aber ist
ei=
ne grosse Menge künstlich eingerichteter
feuer=
flammenden oder brennenden Fackeln, so, daß
es scheinet, als wenn der Altar in voller
Flam=
me stünde. Zwischen einem jeden der Altäre,
und deren Erhöhung ist eine Treppe von
eini=
gen Tritten angelegt.
Jn der Mitte auf einer jeden Erhöhung,
ist auf allen Seiten eine Oeffnung in Gestalt
eines Gewölbes, und durch solche Gewölbe
siehet man den Tod in Gestalt eines Skeletons,
welcher eine Sense in der Hand hält, ligend.
Jn der Mitte vor einer jeden Oefnung der
Ge=
wölbe wird eine weinender Figur
wahrgenom=
men, als die Beständigkeit, die Liebe, die
Re=
gierung, und die Religion. Jmgleichen siehet
man auf allen Seiten der Pyramide eine
Oef=
nung, in Gestalt eines Portals; und vor
ei=
ner jeden Oefnung ist eine Erhöhung von sechs
niedrigen Dritten, woselbst die hohe Leiche
in einem mit schwarzem Sammet
übergezo=
genen, und überall mit Gold und Kronen
reich=
lich besetzten Sarge stehet. Auf den Seiten
derselben siehet man das königl. dänische
Wap=
pen. Beym Kopfe siehet des höchstseligen
Kö=
nigs Geburtstag, bey den Füssen
höchstdessel=
ben Sterbetag, und oben auf dem Deckel der
königl. Name im Zuge mit der Krone darüber,
welches alles mit Gold bordiret ist. Oben
über der Pyramide selbst siehet man auf der
einen Seite des höchstseligen Königes Namen
mit vergoldeten Buchstaben; und über dem
Namen diese Worte:
Ante Diem;
(Er starb
zu frühe; ) auf der andern Seite aber das
dä=
nische Wappen, mit der Jnschrift:
Vivit
post funera virtus
; (Die Tugend überlebt
den Tod; ) auf der dritten Seite das
nordi=
sche Wappen, mit der Jnschrift:
Nec
mo-
rietur gloria stirpis
; (die Ehre des
Stam=
mes stirbt niemals aus; ) und endlich auf der
vierten Seite das Wappen der sammentlichen
Provinzen, mit der Jnschrift:
Flebilis
oc-
cidit omnibus
. (Er starb, und wurde von
al=
len beweinet.)
Die Kirche ist überall schwarz überzogen, und
dabey mit 2500. Lichtern und Fackeln
präch=
tig beleuchtet; jedoch die weisse marmorne
Pfeiler sind nicht also bezogen, sondern mit
vergoldeten Muschelbändern gezieret. Jm=
gleichen sind auch die 18. Kronleuchter zwischen
den Tapeten mit schwarzen Festons von Flor
ausgezieret. Oben bey der Oeffnung des
Plat=
fonds werden 14.
Emblemata
in ovalen Figu=
ren gesehen, welche durch schwarze Festons,
die noch unten zu mit silbernen Franzen
gezie=
ret sind, unterschieden werden. Jmgleichen
siehet man über dem Eckenzierat, der
unter=
sten Reihe Pfeiler 16.
Emblemata,
wovon
ei=
nige des höchstseligen Königes Stiftungen
vorstellen. Oben über dem Königl. Stuhle
wird des seligen Königs Brustbild von weisser
Farbe, welches von zween vergoldeten Engeln
gehalten wird, gesehen.
Jn dieser Zeit, das allen und jeden erlaubt
ist, die hohe Königl. Leiche auf diesem
prächti=
gen Trauergerüste, als von dem 27sten Febr.
bis den 18ten März, in den dazu verordneten
Stunden, zu sehen, wechseln die hohen Herren
Minister ab, Wache dabey zu halten. Aus=
ser dem werden vermuthlich, nach alter
Ge=
wohnheit, in den bestimten Stunden der
dreyen letzten Tage, die Reichs=Regalien, als:
1) Die Königl. Krone; 2) der Scepter;
3) der Reichs=Apfel; 4) das Schwert;
5) die Kette des Elephanten Ordens, und
6) die Kette des Dannebrog=Ordens, vorge=
wiesen; imgleichen auch die drey silberne
Lö=
wen, in Lebensgröße, bey den Füssen
hingese=
tzet, wie auch die sämtlichen Fahnen, sieben=
zehn an der Zahl, um das Trauergerüste
ge=
pflanzet werden, als: 1) Die Trauerfahnen;
2) die Freudenfahnen; 3) die Blutfahnen, bey
den Füssen und bey den Seiten; 4) die erste
Hauptwapenfahne; 5) die zwote
Hauptwa=
penfahne; 6) die Fähne Dännemarks; 7)
die Fähne von Norwegen; 8) die Fähne der
Union; 9) die Fahne der Gothen; 10) die
Fahne von Schleswig; 11) die Fahne der
Wenden; 12) die Fahne des Dannebrogs;
13) die Fahne von Holstein; 14) die Fahne
von Stormarn; 15) die Fahne von
Dith=
marschen; 16) die Fahne von Oldenburg;
17) die Fahne von Delmenhorst. Uebrigens
wird an dem Tage der Proceßion, der
Stall=
meister, Hr. Johann Ulrich von Sperling, in
einem goldenen Harnisch, mit einer weissen
Plümage in einem offenen Helm auf dem
Haupt, und mit einem blossen Degen in der
Hand, zwischen der Erhöhung und der
Blut=
fahne stehen.
Warschau, den 25. Febr.
Nach Curland sind bereits die
gewöhnli=
chen Jntimatorien, wegen Eröfnung der Re=
lationsgerichte, welche den 20. des künftigen
Monats geschehen soll, ergangen. Es wird
also alsdann der Proceß des curländischen Adels
wider den Herzog Ernst Johann fortgesetzt
werden. Da auch der Adel in Curland
sei=
nen Landtag wider Willen des Herzogs Ernst
Johann limitiret hatte, und also auf diese Zeit
seine Zusammenkünfte wieder anfangen wolle;
so erliessen des Königs Majestät ein Rescript,
welches der damit abgesendete Kammerherr
von Ryk dem Adel, fals selbiger sich, um
einen Landtag zu halten, versammlen
wür=
den, ankündigen sollte.
Frankfurt den 14. März.
Vorgestern wurden auf ergangenen
aller=
höchsten kaiserl. Befehl, zwey unlängst bekannt
gewordene ärgerliche Bücher, betitelt:
La
Chandelle d'Arras, Poeme Heroi - Comique
und
Immirce, ou la Fille de la Nature
: all=
hier vor dem Römer, durch den Nachrichter
öffentlich verbrannt.
Dresden den 6, März.
Jn dem hiesigen Churfürstenthum haben
Se. königl. Hoheit der Churadministrator,
durch ein gnädigstes Ausschreiben dd. Dres=
den den 15. Jan. bekannt machen lassen,
daß auf den 10. May jetztlaufenden Jahres,
ein allgemeiner Landtag gehalten werden soll;
um mit den getreuen Ständen des
Chur=
fürstenthums und incorporirten Landen den
Bedacht dahin zu nehmen, damit die zu
Be=
streitung derer theils bey der
Steuercredit=
kasse, theils zu andern ohnumgänglichen
Landes=und Militarbedürfnüssen erforderliche
Mittel in Zeiten herbeygeschaft werden; auch
überdem in verschiedenen des
Churfürsten=
thums Sachsen und gehöriger Lande Besten
und Aufnehmen betreffenden
Angelegenhei=
ten einer getreuen Landschaft guter Einrath
vernohmen werden könne.
Dreßden den 15. März.
Nachdem man sowohl chursächsisch=als
königl. preußischer Seits dahin
übereinkom=
men, zu Treffung eines billigen und
gemein=
nützigen Commercialeinverständnises, dem
6ten Artickel des hubertsburger Friedens
ge=
mäß, zusammen zu tretten; so ist zu denen
diesfalls zu haltenden Conferenzien die Stadt
Halle beliebet, auch chursächsischer Seits der
Hr. Generalbergcommissariu und geheime
Kammerrath v. Heynitz, ingleichen der
Stift=
merseburgische Herr Kammerrath Just, Kön.
preußischer Seits aber der geheime
Finanz=
rath Rose, und Herr geheime Kriegsrath
Ma=
gusch zu Commissarien ernennet, von selbigen
auch die Conferenzien wirklich den 3ten dieses
eröfnet worden.
Regenspurg den 10. März.
Da Seine Majestät der Kaiser des
jetztre=
gierenden Königs von Dännemark Majestät.
wegen der hollsteinischen Lande, dem
verneh=
men nach,
Veniam ætatis
ertheilet haben; so
wird der königl. dänische Kammerher, Herr
Baron von Bachof, welcher als
Hollstein=
glückstädtischer Gesandter auf der
Reichstags=
versammlung accreditiret ist, sich nächster
Ta=
gen zu der Hollsteinglückstädtischen Stimme
bey der Reichstagsversammlung von neuem
legitimiren.
Ollmütz den 20. März.
Allhier starb unlängst ein gemeiner Mann
Nahmens Simon Holcy in seinem 119ten
Jahre; er wurde im Jahr 1647. gebohren,
eben damals als die schwedischen
Kriegsun=
ruhen in dem Marggrafthum Mähren am
heftigsten wüteten. Schon von
Kindesbei=
nen an wurde er zur schwersten Handarbeit,
gleich seinem Vater, der ein Bauer ware,
gewöhnet, und ernährte sich bis in sein
mitt=
leres Alter bey der hiesigen Tuchmacherwalk
auf eine, wie leicht zu ermessen, sehr
be=
schwerlich Art; und dennoch genosse er
im=
mer einer vollkommenen Gesundheit, bis ihn
endlich vor ungefähr 9. Jahren das Gesicht,
und 3. Jahre darauf auch das Gehör
ver=
liesse, daß ihm also nichts, als der Geschmack
mehr übrig bliebe, den er auch bis zu seinen
letzten Hauch beybehielte; als etwas
beson=
deres ist hiebey zu bemerken, daß er öfters
in seinen letzteren Jahren von einem so
der=
ben Hunger geplaget wurde, daß er
zuwei=
len wie ein Kind zu weinen anfienge, wenn
ihme nicht gleich etwas zum Essen gereichet
wurde.
Weilen nur ein so hohes Menschenalter
ein sehr seltsamer Zufall ist, so wurde auch
der hiesige löbl. Stadtmagistrat bewogen,
diesen abgelebten Creiß auf folgende
feyerli=
che Art zur Erde zu bestatten: und zwar
erstlich giengen alle Zünfte der Stadt mit
ih=
ren Fähnen. Zweytens die Schulknaben je
zwey und zwey. Drittens die vier Spitäler
mit ihren Kreutzen. Viertens die
Stadtthür=
ner mit ihrer Trauermusik. Fünftens die
Cantores von der pröbstlichen St. Mauritii
Pfarrkirche. Sechstens die Geistlichkeit in
ihren Kirchenkleidungen. Siebendens kame
die Leiche. Achtens der gesamte
Stadtma=
gistrat. Neuntens die Rathscanzley. Ze=
hendens die St. Annenbruderschaft, und
den Schluß machte die häuffige
Burger=
schaft männ=und weiblichen Geschlechts,
der Zug gienge über den grossen Platz nach
der St. Mauritz Pfarrkirche, und weilen
alle Glocken der Stadt geläutet wurden, so
ware die Menge der hierdurch auf die
Gäs=
sen gelockten Zuschauer ausserordentlich.
Vermischte Neuigkeiten.
Auf dem Gräfl. Zedlitzischen Gut Golitsch, un=
weit Schweidnitz, hat sich vor kurzem ein ganz
be=
sonderen Fall in der Natur zugetragen. Die Kuh
eines dasigen Gärtners brachte ein Kalb zur Welt,
welches in Ansehung seines Kopfe, völlig von
sei=
ner Art abwich. Es war derselbe mit drey Augen
versehen. Auf der rechten Seite war neben dem
ordentlichen Augs, welches sich an der gehörigen
Stelle befand, noch ein anderes auf der Stirne
einen starken Daumen breit von dem erstern
ent=
fernet. Beyde waren sehr helle, und schienen alle
Eigenschaften eines Auges zu haben. Auf der
lin=
ken Seite fand man ebenfals das ordentliche Auge,
doch war es dunkel, und nicht so helle wie die
an=
deren. Der untere Theil des Maules war einem
Kalbs=der obere aber einem Hundsmaul ähnlich.
Der letztere machte eine kleine Krümmung gegen
die linke Seite, daß dadurch das Nasenloch
verloh=
ren gieng. ESsschien, sich nähern zu wollen, doch
bedurfte es Hülfe, weil die beyden Theile des
Mau=
les nicht gehörig auf einander paßten. Wenn nicht
hiebey auch ein allzu starker Aberglaube, welcher
nur Bezauberungen zu sehen gewohnt ist, wäre
ge=
schäftig gewesen, so würde man dem Publiko
viel=
leicht mehrere Bemerkungen mittheilen können.
Allein dieser bewog den Eigenthümer dieses
be=
sondern Geschöpfes, dasselbe bey Zeiten aus der
Welt zu schaffen.
Bald sollte man der thierischen Fühlung mehr
Zärtlichkeit und Neigung zulegen können, als der
stolzen Menschlichkeit: da uns oft ein kleines
Thierchen an der Dankbarkeit beschämet, wie aus
folgenden Schreiben erhellen wird.
Jch glaube mein Herr! daß Sie folgende kleine
Geschichte, die vor etwa 14. Tagen sich zugetra=
gen hat, als einen merkwürdigen Beytrag zu der
natürlichen Historie der Vögel, und der
Empfindun=
gen der Dankbarkeit bey ihnen, ansehen werden.
Die Frau von ** hat mir erzählt, daß, wie sie
neulich an dem Fenster in einem Zimmer gegen den
Garten gestanden, zu ihrer grossen Verwunderung
ein Vogel ihr zugeflogen ist, der einen von seinen
Jungen zu ihr brachte, mit den Flügeln schlug,
und still sitzen blieb.
Sie nahm den kleinen Vogel in die Hand, be=
trachtete ihn, und fand seine Beine mit kleinen
Fä=
den und harter Erde so miteinander verwickelt,
daß die Mutter sie unmöglich hätte los machen
können.
Die Frau von ** ließ sich Wasser bringen, um
die Erde loszuweichen; zog die Fäden einen nach
den andern heraus, wunsch die Beine, und brachte
eine gute Viertelstund damit zu. Darauf setzte sie
den Vogel in einen Keficht, den sie offen ließ.
Reden Tag brachte die Mutter ihrem kleinen was
zu essen, und schlug vor seiner Wohlthäterinn mit
den Flügeln, um ihr seine Dankbarkeit zu bezeugen.
Nach zwey oder drey Tagen brachte die Mutter
ihr noch einen von ihren Jungen, der noch mehr
die Beine auf die vorige Art, wie der erste, ver=
wickelt hatte. Sie erwiese ihm denselben Dienst
in Gegenwart der Mutter, die ihren beyden
Jun=
gen in dem Keficht immer zu essen brachte. Als
sie im Stande waren zu flügen, gab die Frau
von ** ihnen die Freyheit: Die Mutter kommt
aber alle Tage vor ihr Fenster, wo sie mit den
Flü=
geln schlägt, und ihr in ihrer Sprache danket.
Jch bin ꝛc.
Daß das blaue Zuckerpapier eben auch von
leine=
nen Lumpen zubereitet werde, ist eine allschon
be=
kannte Sache, wie man aber demselben die ächte
und dauerhafter Farbe geben könne, dieses ist etwas
neues, und verdienet aus verschiedenen Anbetracht
in diesem Artikel eingeschaltet zu werden.
Das ganze Kunststück bestehet darinn, daß ein
gewisser Theil gemahlen blauen Holz, und ein
gewisser Theil gemahlen Japonholz, mit etwas
Allaun, oder Pottasche versetzt zum färben der
Masse woraus das Papier bestehet, genommen.
werde. Diese Nachricht könnte vielleicht nicht
ohne Nutzen für die Papiermacher seyn, beson=
ders da sie bisnunzu genöthiget waren ihre blauen
Papiere von blauen, und zwar mit Judig
gefärb=
ten Lumpen zu machen, dann andere Farben
ver=
waschen sich alle gänzlich in der Zubereittung des
Zeuges.
Wien den 26. Märzen 1766.
Sonntags den 23sten wohnten beyde kaiserl.
Majestäten mit zwo durchlauchtigsten
Erzherzoginnen königl. Hoheiten dem
feyerli=
chen Hochamte in der Hofkirche, worunter
die gewöhnliche Palmenweyhung
vorgegan=
gen, bey. Jhre Maj. die Kaiserinn
Köni=
ginn aber wartete der Andacht in der
Kam=
merkapelle ab.
Montags den 24sten dieses hat der schon
seit 26. Jahren an dem hiesigen k. k. Hofe
mit vielem Ruhm gestandene ausserordentliche
Abgesandte Jhrer Hochmögenden, der
Her=
ren Generalstaaten der vereinigten
Nieder=
lande, der hochwohlgeborne Freyherr
Bar=
thold Douma von Burmania, dieses
Zeit=
liche mit dem Ewigen verwechselt.
Den 22. dieses ist zu Preßburg die
Zie=
hung der Lotterie geschehen, und seynd die
Nri. 29. 52. 23. 10. und 44. mit vielen und
beträchtlichen Ambi, Terni und Estratten
ge=
hoben, wie dann bey dem sub Nro. 5. auf
dem Kollmarkt angestellten Collectanten ein
Terno mit 100. Ducaten, bey dem sub Nro.
8. vom Waaghaus gegenüber ein Quartin,
bey jenem sub Nro. 9. in der Waldzeil zwey
Estratti, deren einer pr. 400. der andere pr.
532. fl. bey diesem sub Nro. 19. nächst den
Pau=
lerthor ein Quartina, bey dem sub Nro. 23.
nächst dem rothen Thurn ein Terno mit 100.
Ducaten, bey dem sub Nro. 25. in der obern
Breunerstraß ein Quartina, bey dem sub
Nro. 26. in der Römerstraße eine Cinquina, bey
dem sub Nro. 60. bey St. Ulrich ein
Quar=
tina, bey dem sub Nro. 73. zu Mariahülf ein
Terno pr. 200. Ducaten, dann bey jenem
sub Nro. 73. auf der neuen Wieden ein detto
mit 100. Ducaten gewonnen und abgeführet
worden.
Die fernere Ziehung wird den 5. künftigen
Monats April allhier vorgenommen werden.
Den nächstfolgenden ersten Sonntag nach
Ostern, das ist den 6. April werden die
me=
chanischen Collegien wiederum ihren Anfang
nehmen, und den Sommer hindurch alle Sonn=
und Feyertäge von halb eilf bis halb zwölf
Uhr in dem philosophischen Hörsaale in dem
neuen Universitätsgebäude in deutscher
Spra=
che gehalten werden.
Lista deren Verstorbenen zu Wien
in=und vor der Stadt.
Den 21. März. Jn der Stadt.
-
Fr. Elis. Printzin, gew. Salzversilbers Wittwe zu
Horn, im Hildebrand. H. in der Wollzeil, 76. J
-
Dem Jos. Pfitzenreiter, Wagenmeist. im K. K. Zeug=
H. auf der Sailerst. s. K. Franz, allda, 6. v. J.
Vor der Stadt.
-
Dem Hrn. Jos. Eysele. K. K. Commercienconcessus
Thürh. s. K. Jos. b. 2. Kandeln zu Mariah. alt 6. J. -
Fr. Ther. Müllnerin, Wittwe, beym Einhorn im
Liechtenth. alt 60. J. -
Leonh. Pucher, von der K. K. Schweitzergarde, im
Spanis. Spital, alt 27. J. -
Dem Leop. Zistler, Burgl. Wirth, s. K. Jos. beym
Löwen am Tury, alt 5. v. J. -
Dem Gabriel Waschberger, Hausmeist. s. W. Elis.
beym gold. Löwen zu Mäzleinst. alt 74. J. -
Anna Kollerin, Wittwe, beyn 5. Lerchen am
Spi=
talberg, alt 73. J. -
Mich. Adamer, gew. Vorbetter, im Dorothebeckis.
H. im Lerchenf. alt 42. J. -
Dem Georg Scharrer, Schneid. s. S. Paul, beym
weissen Lämpel im Lerchenf alt 19. J. -
Anna Uebermasserin, Wittwe, in ihrem H. zu
Erd=
berg, alt 64. J. -
Marg. Lenghamerin, Wittwe, beym gold. Ochsen
am Tury, alt 60. J. -
Dem Mart. Bauer, Kutsch. s. K. Paul, im
Schmi=
dischen H. am Traidmarkt, alt 2. J. - Conrad Schlögel, im St. Joh. Nep. Spit. 77. J.
- Summa 14. Personen, darunter 4. Kind.
Den 22. März. Jn der Stadt.
-
Dem Georg Wöber, Burgl. Schneider, s. K. Do=
roth. im Schmid. H. am Neuenm. alt 5. J.
Vor der Stadt.
- Andre Seidl, Bed. beym schw. Adl am Neust. 44. J.
-
Eva Attenbergerin, Burgl. Wittwe, beym grünen
Kranz auf der Landstr. alt 68. J. -
Gertr. Kermerin, Wittwe, bey der Birn am
Spi=
talberg, alt 64. J. - Summa 4. Pers. darunter 1. Kind.
Den 23. März. Jn der Stadt.
-
Hr. Peter Togniola, Burgl. Handelsm. beym
ro=
then Jgel untern Tuchlaub. alt 67. J. -
Christoph Schopper, Burgl. Glasermeist. im
Pech=
mannis. H. am Lugegg, alt 64. J. -
Marcell. Allio, Burgl. Baumeist. beym gold. Kreuz
am rot. Thurn, alt 59. J.
Vor der Stadt.
-
Hr. Joh. Reichel, Burgl. Caffeesied. beym goldn.
Schützen in der Alsterg. alt 66. J. - Georg Löw, burgl. Oehl. , in s. H. auf der Landst. 59. J.
-
Dem Luca Bartoloti, Brieftr. s. W. Rosina, beym
gold. Kopaun. auf der Wieden, alt 45. J. -
Dem Georg Rößler, Ansage. s. W. Cath. beym kl.
Blumenst. zu Mariah. alt 52. J. -
Math. Kaufmann, Tagw. bey der H. Dreyfaltigk.
am ob. Neust. alt 62. J. -
Dem Jos. Weidinger, Jnstr. in U. L. Fr. Spit. am
Rennw. s. K. Cath. allda, alt 7. v. J.
-
Ther. Geßlerin, Wittwe, ihr K. Jos. beyn 2. gold.
Tauben zu Mariah. alt 2. J. - Summa 10. Person. darunter 2. Kind.
NB
. Es seynd hier wieder angekommen die
Ge=
brüdere Montani mit verschiedenen Blumenkielen
und Bäumeln, wie folget:
Gialfemini di Spagna. Giamelle Doppie. Mor-
garini Doppi.
Gedoppelte Arunculen. Von
drey=
ßigerley
ßigerley Farben, allerhand Arunculen. Arunculen
la
Bella di Brusseles
. Gelbe Arunculen. Aruncu=
len die schöne von Orleans. Gesprengte Arunculen
von verschiedenen Farben. Arunculen der Prinz
von Oranien. Pur rothe extra schöne Arunculen.
Allerhand färbige Anemoni. Allerhand rothartige
Anemoni. Anemoni
la Bella di Brusseles
. Ane=
moni der grosse Turband, Anemoni in
Regen=
bogen. Anemoni der Prinz von Oranien. Anemoni
alte Bollone
. Anemoni die schöne von Normandie.
Saamen von Kauli=Flor, von denen schönsten
Sorten, Saamen von Broccoli Romani, extra
schön. Die Blumen=kiele seynd durch und durch
das 100. für 4. fl. Der Saamen von Kauli
flor das Loth 18. kr. Der Saamen von Brocoli
Romani das Loth 15. kr. Saamen von
Spani=
schen Zwiebeln das Loth 15. kr. Saamen von
Römischen Fenchel das Loth 15. kr. Saamen
vom Lombardischen Kehl, Melaun=kern, Cardi
das Loth 15. kr.
NB
. Nägl=saamen, das Loth 1. fl. Weigl=saamen
von verschiedenen Farben das Lord 30. kr. Fruhe=
kraut das Loth 12 kr. Artitschocken=kern, das Loth
15. kr. Schweitzer=oder Luzerne=Klee. Arunculn
Turbant d'Or das Stuck 6. kr.
Obgedachte Gebrüdere Montani seynd bey Hrn.
Sebastian Lanser im Gewürz=gewölb bey
golde=
nen Stern in der Wald=zeil anzutreffen.
Bey Johann Jacob Lidl, Kupferstechern im
stei=
nern Kleeblat unter denen Tuchlauben ist zu haben:
Goldener Gnadenfluß, ein auf Schreibart
künst=
lich gestochenes, mit vielen schönen Geheimnussen
ausgeziertes Gebettbuch, ungebunden 4. fl. 12. kr.
gebunden schwarz mit goldenen Schnitt samt
Fut=
neral 5. fl. 12. kr.
Es ist zu Ottogrina unweit Hernals des Franz
Gouttro sein Haus zu verlassen, bestehend in 8.
Zimmern und einen Saal, eine große
Herrschaft=
kuchel und zwey kleine Kuchel, ein Speißkamer,
ein Keller, Stallung auf 4. Pferd, einen
Heu=
boden und Wagenschupfen nebst einen Garten;
wer solchen bestehen will, kann sich aus dem
Gra=
ben bey dem goldenen Kopf auftragen.
Es in ein überführtes Zuggeschür mit rothem
Saffian, und feuervergoldeten Beschlächt, samt
Leitsail und Einsflechtzeug alltäglich zu verkaufen,
wer Belieben traget, solchen an sich zu bringen,
kann sich bey den Verlegern des wienerischen
Dia=
rii des Mehrern erkundigen.
Nachricht an die Leser des wienerischen Diarii.
Zu Anfange künftigen Monats werden diese Zeitungsblätter in einer andern Gestalt
er=
scheinen. Drey besondere Theile als: Staats=vermischte und gelehrte Neuigkeiten,
sollen den Jnhalt des Ganzen ausmachen. Die letztern werden wenigstens die Woche
ein=
mal in dem Anhange vorkommen, hingegen die Edicte, Avertissements, u. d. g. in der
Ordnung, in der sie bishero waren, jedesmal eingerücket werden.
Leser, deren Beruf es nicht ist, sich mit den Wissenschaften abzugeben, können den
Artikel von gelehrten Sachen überschlagen, und sich durch die Staats=und vermischten
Neuigkeiten, (die man möglichst bereichern wird) schadlos halten.
Man wird um sichere Korrespondenzen besorgt seyn, und sie den Lesern in Hinkunft
so bald es immer möglich ist, mittheilen. Es wird erlaubt seyn, zuweilen kleine
Anmerkun=
gen beyzufügen, die die Sitten unsers Zeitalters, und den Zustand der Wissenschaften
be=
treffen. Redlichkeiten, Bescheidenheit, und Wahrheit werden dieselben behutsam begleiten.
Der heutige Flor der Wissenschaften und schönen Künsten, und ihr Fortgang zumalen
in unsern Ländern, erfordern auch in diesen Zeitungsblättern ein vorzügliches Augenmerk.
Schon im Jahr 1762. hatte man angefangen, eben in derselben Anhange von dem Zustande
der inländischen Gelehrsamkeit Nachrichten zu geben, welche drey Jahre fortgesetzet
worden. Auswärtige und einheimische Liebhaber gelehrter Neuigkeiten haben seitdem durch
wiederholtes Nachfragen, ob von dergleichen Nachrichten hier nichts mehr heraus kommen
werde, ihr Verlangen dazu genug zu erkennen gegeben; Von fremden Gelehrten sind
des=
wegen sogar Briefe anher gelangt
Da also die Hochachtung für die schönen Wissenschaften auch unter unsern Mitbürger
von Grad zu Grade fortwächst; so soll man keine Gelegenheit verabsäumen, für ihren
Ge=
schmack von dieser Seite besorgt zu seyn. Die unerbethenen Urtheile gewisser Tadler und
Spötter, denen man es niemals recht machen wird, werden eine so wohlgemeinte Bemühung
gewiß nicht verhindern können. Wenn hat jemals die Tadelsucht, diese Tochter der
Unwis=
senheit und des Neides, ihre Gränzen nicht überschritten? Man muß die Pflichten des
Bürgers erfüllen; den Beyfall des Rechtschaffenen erwarten, und über niedere
Spötte=
reyen ganz wegsehen.
Jn dem Artikel von gelehrten Sachen werden die Nachrichten von der hiesigen
Ge=
lehrtengeschichte den vorzüglichster Platz einnehmen, und die Beurtheilungen die Billigkeit
zum Grunde haben.
Nichts, als aufrichtigen Begierde, den Lesern die Wissenschaften, und die Werke
unse=
rer Gelehrten von der vortheilhaften Seite zu zeigen; den guten Geschmack einigermassen
ausbreiten zu helfen, und diejenigen, die in dem Felde der Wissenschaften überhaupt, zum
Ruhme unsers Vaterlandes arbeiten, unter uns bekannter zu machen, ist der Grund
gegen=
wärtigen Unternehmens.
Sollte man nicht den Dank des rechtschaffenen Bürgers verdienen, wenn diese
unei=
gennützigen, von allem Privatinteresse ganz entfernten Absichten, auch nur in einem gewissen
Grade erreichet werden?
Wenn es einigen Lesern dieser Blätter belieben wird, Beyträge zu diesem Zwecke
mitzutheilen, so werden sie mit Verbindlichkeit, und Vergnügen angenommen, und heraus
gegeben werden. Es ist eine wesentliche Pflicht, die Bemühungen derer zu befördern, die
ihren Mitbürgern nützlich, und angenehm zu werden wünschen.
Jn gegenwärtigen Blättern ist sub Nro 12. von der Ober des Herrn v. Voltaire
vorläufige Meldung gemacht worden, die er auf den Tod des Dauphins verfertigte. Da
wir nun im Stande sind, dieselbe unsern Lesern mitzutheilen; so nehmen wir keinen
An=
stand, sie hier in ihrer Originalsprache und eben so einzurücken, wie sie in dem bekannten
Jour-
nal Encyclopedique
eingedruckt ist, das ist, mit Auslassung einiger Stellen, die eben dem
Herrn v. Voltaire zu keiner sonderbaren Ehre gereichen.
Leser, die allen poetischen Erfindungen gram sind, mögen diesen Artikel umschlagen,
und sich an das Uebrige halten; ihre Neugierde wird dabey nichts verliehren. Wir sind
nicht die einzigen, die ihre Arbeiten nicht jedermann zu Danke machen können.
Der Herr Verfasser fängt seine Ode mit einer Apostrophe, an die Bildsäule
Hein=
richs des 4ten an. Die Wendung scheint von demselben allein darum gewählt worden
zu seyn, damit man seiner Henriade nicht vergese. Doch sie würde ohne Zweifel ein
we=
sentlicheres Verdienst haben, wenn sie nicht mit noch anderen Gedanken und Ausdrückungen
be=
gleitet wäre, die man aus Ehrerbietung für die Religion hat weg lassen müssen.
Intrepide Soldat, vrai Chevalier, grand Homme,
Bon Roi, fidel Ami, tendre, & loyal Amant,
Henri, tous nos François adorent ta memoire,
Ton nom devient plus cher, & plus grand chaque jour:
Et peut être autre fois quand j'ai chanté ta Gloire,
Je n'ai point dans les cœurs affoibli tant d'amour.
Un de beaux réjettons de ta race chérie
Des Marches de ton Trône au tombau descendû
Te porte, en expirant, les vœux de da patri,
Et les gemissemens de ton peuples éperdû.
Lorque la mort sur lui levoit sa faulx tranchante
On vit de Citoyens une foule tremblante
Entourer ta Statue, & la baigner des pleurs.
C'etoit là leur autel; & dans tous nos malheurs
Nous t'implorons encore com un Dieu tutelaire.
C'est toi, c'est ta valeur, ta bonté, ta justice,
Qui preside à l'état raffermi par tes mains.
Ce n'est qu'en t'imitant qu'on a des jours prospères,
C'est l'encens qu'on te doit.
O! si mes deserts, ou j'àchève mes jours
Ma voix pouvoit perçer an fond du sombre Empire!
Si, comme au têms d'Orphée, un enfant de la lyre
De l'ordre des destins interrompoit le cours,
Si ma voix - - mais tout céde leur arrêt suprême
Nos offrandes, nos vœux, nos autèls, ni toi même
Rien ne suspend la mort. Le monde illimité
Est l'esclave eternel de la fatalité;
A d'immuables loix Dieu soumit la nature.
Sur ce mons entassés, sejour de la froidure
Au creux de ces rochers, dans ces gouffres affreux,
Je vois des animaux maigres, pâles, hideux,
Demi - nuds, affamés courbés sous l'infortune:
Ils sonst hommes pourtant; notre mére commune
A daigné prodiguer des soins aussi puissans
A paitrir de ses mains leur substance mortelle,
Et le grossier instinct, qui dirige leur sens,
Qu'à former le Vainquer de Pharsale & d'Arbelle.
Au livre des destins tous leurs jours sont comptés;
Le tiens l'etoient aussi. Ces dures verités
Epouvantent le lâche, & consolent le sage,
Tout est egal au monde; Un mourant n'a point d'age,
Le Dauphin le disoit au sein de la grandeur,
Au printems de sa vie, an comble du bonheur:
Il l'a dit en mourant, de sa voix affoiblie,
A son fils, à son pére, à la cour attendrie.
O toi! triste temoin de son dernier moment,
Qui lis de sa vertu ce foible monument;
Ne me demande point ce qui fonda la Gloire?
Quel funestes exploit assurent sa memoire?
Quels peuples malheureux on le vit conquerir?
Ce qu il fit sur la terre? Il apprit à mourir.
sten, und Grafen des heil. Röm. Reichs ꝛc. ꝛc. be=
findlich sind; fortgesetzt von Kriebel, gr. 8. Leipz=
zig, 1766. 2. fl. 30. kr.
Philippi (Joh. Albrecht Staatsfehler der
mehresten Hofe im französischen Gemählde, aus
dem Französ. übersetzt, gr. 8. Berlin, 1766. 1. fl.
Corps Politiques & de leurs Gouvernements,
2. Tomes, grand 12. Lyon, 1764 2. fl. 45. kr.
Dictionnaire Raisonné & Universel des
Adi=
maux, ou le Reigne Animal per Linneus, Klein
& Busson. 4. Tomes, gr. 4. Paris, 1759. 24. fl.
Raisonné Universel d'Histoire Naturelle par
Valmont de Bomare, 5. Tomes, 8. Paris 1764.
8. fl. 45. kr.
Trublet, Essais divers sujets de Litterature &
de Morale, 4. Tome, gr. 12. Paris, 1762.
4. fl. 30. kr.
Lettres du Marquis de Roselle par Madame
Elie de Beaumont, 2. Parties, 6. Leipzig, 1765.
1. fl
Kick (P. Fr. Dalmatio) Universa Theologia
Dogmatico - Scholastica pro Sacra Scientiæ
Stu-
diosis & amatoribus cuncinnata. 4. Aug. Vindel.
〈…〉
stellte Ceßion auf einem Jacob Hauzenbergischen
Wechselbrief d. d. 6. Octob. 1730. pr. 3000. fl. oder
vielmehr über die bereits hierauf bezahlte 4. Di=
videnten auf jenes, was noch eingehen wird, vor=
findig der Original=Hautzenbergische
Wechselbrie=
fe hingegen aber seye dem Vorgeben nach den 24.
Juni 1759. in Gräfl. Starhembergischen
Frey=
haus mit Gelegenheit der damals entstandenen
Feuersbrunst verbrennet worden, mithin nachdeme
ihme Segalla
mandatario nomine
oblieget, mehr
erwehnten Wechselbrief pr. 3000. fl. zu mehrerer
Sicherheit behörig amortisiren zu lassen; Als
ha=
te er wegen Ausfertigung deren in dergleichen
Fäl=
len benöthigten Amortisationsedicten das
Behöri=
ge zu erlassen. Wann nun in dies des
Suppli=
cantens so billiges Ansuchen zu gewilligen kein
Anstand obwaltet. Als wird jedermänniglich,
insonderheit aber dem=oder derjenigen, so
obbe=
sagt=Jacob Hauzenbergischen, an Franz Carl von
Zollenstein ausgestellten Wechselbrief d. d. 6. Oc=
tobris 1730. pr. 3000. fl. bey Handen hat, oder
überkommen möchte, hiemit bedeutet: daß er,
oder sie sich innerhalb eines Jahrs, 6. Wochen,
und 2. Tägen von Zeit dieses affigirten Edicts bey
An
Die Liebhaber
der Wiener Schaubühne!
Das Pasquill wider den Herrn Weiskern bey Gelegenheit des Schreibens an den
Führer des Capakaum, an dem er keinen Theil gehabt, von dem er keine Sylbe
gewußt hat, hat den größten Theil des Publikum, alle rechtschaffenen Leute, so sehr
wie=
der den Verfasser empöret, daß sie es unwillig weggeworfen haben, und über eine
Hand=
lung erstaunt sind, deren der Menschlichteit zur Ehre nur wenige, sehr wenige Menschen
fähig seyn können.
Man wagt es die Verdienste eines Mannes herabzusetzen, der durch seine redliche
Denkungsart, durch seine vortrefliche selbst vom Neide unangetastete Aufführung, durch
die Reinigkeit seiner Sitten, durch seine unaufhörlichen Bemühungen um die Aufnahme
des Theaters, durch sein unabläßiges Studiren, durch seine Kentnis anderer
Wissen=
schaften, sich nicht allein die Gnade des Allerhöchsten Hofes, sondern auch die
Hochach=
tung aller rechtschaffener Leute erworben hat, dem man keine andern Fehler bey seiner
Direction vorwerfen kann, als daß er den Geschmack einer ganzen Nation nicht hat
ver=
ändern können; einer Nation, die sich nicht nach den Schauspielern, nicht nach den
Au=
toren, sondern nach ihrem Vergnügen richtet?
Welcher kann sich rühmen den Geschmack seiner Landsleute von der
Büh=
ne verdränget zu haben? welcher hat es noch bey uns geleistet? Wenn man bedenket,
welchen recht blutigen Beschwerlichkeiten ein Direktor bey einer Bühne ausgesetzet seyn muß,
wo er mit Eigenliebe, Stolz, Eigensinn, Eigennutz, mit allen Leidenschaften kämpfen,
wo er für das Vergnügen des Adels sowohl als des Bürgers sorgen muß, wo er sich
bey jedemSchritte aufgehalten sieht, und nur mit Geduld und Muth endlich noch die Hindernisse
übersteiget; wenn ein solcher Mann demohngeachtet noch die Bühne mit Stücken bereichert;
kann man alsdenn wohl ohne Ehrerbietung an ihn, denken, an ihn den man wegen keiner
Sache tadeln kann, als vielleicht deswegen weil er den Befehlen seiner Vorgesetzten gefolget
ist, weil er zu einer Zeit die Direktion führet, wo Deutschland, und besonders Wien, noch
so arm an guten deutschen Stücken ist? Ein solcher Mann muß sich von Leuten kritisiret
sehen, die nicht den geringsten Begrif von einer Direktion haben können, und die also etwas
sagen, ohne zu wissen was?
Jst denn nicht selbst das ein unstreitiges Verdienst für ihn, daß er sich über den
Schauspieler erhoben, daß er sich an theatralische Stücke gewagt hat, daß sie mit
Bey=
fall aufgenommen worden sind, ein Verdienst, das diejenigen die am meisten schreyen,
nicht haben, und niemahls haben werden. Er hätte ja auch nur blos Schauspieler
bleiben, und wider andere schreyen dürfen?
Der Verfasser sagt uns die Neuigkeit, daß Herr Weiskern nicht die geringste Jdee von
dem Möglichen, dem Schönen der Natur hätte, welches bey einem tragischen Schauspieler
erfodert wird. Darüber wird sich nun wohl Herr Weiskern am allerleichtesten
zufrie=
den geben können, denn dieses entscheidet die Stimme des Publikums und nicht vier
ge=
druckte Zeilen.
Von der französischen Schaubühne lernen; — So gehts wenn man in den Tag
hinein schreibt, bloß verhaßten Leidenschaften Genüge zu leisten. Herr Weiskern konnte sich
der vertrautesten Freundschaft der Herrn
Soulè, Ribou, Herbert, Hedoux
und der
andern französischen Schauspieler rühmen, welche unter allen die bereitwilligsten waren,
ihm Gerechtigkeit wiederfahren zu lassen.
Freylich macht man sie (die Actricen) nicht aus Figurantinen dazu. Haben sie
bey diesem falschen Gedanken nicht triumphiret, da sie ihn wieder geschrieben haben, daß
sie einen alten zärtlichen Vater bis in das Junerste seiner Seele kränken konnten, der seine
Tochter liebt, der sich Mühe giebt, sie zu einer Schauspielerin zu bilden; welcher Triumph
für ein Herz wie das Jhrige! Muß ein ehrlicher Mann nicht wahres Mitleiden mit einer
solchen Gemüthsart haben? Jch dachte doch es wäre immer besser, wenn man aus einer
Person, die getanzt, die ihren Körper in ihrer Gewalt hat, die nach ihrer eigenen
Vor=
schrift so lange die Französische Bühne / die Schauspieler und Schauspielerinnen hat sehn
und beurtheilen können, eine Schauspielerin machte, zumahl da ihr Vater selbst ein
er=
fahrner und berühmter Schauspieler ist, dessen Unterricht sie täglich genießt; als wenn
sich ein junges Frauenzimmer auf das Theater nehme, das niemahls den geringsten
Be=
grif von einem Theater gehabt hat, das also weit längeres Zeit dazu braucht, bis es das
Publikum duldet?
Der Brief über das
XXV
. Stück enthielt eine Kritik über einen hiesigen Schauspieler,
deren Wahrheit ich nicht untersuchen will, denn das sind Dinge die das Publikum
entschei=
det und vielleicht bisweilen schon entschieden hat. Zum wenigsten aber war doch dieser
Schauspie=
ler nicht mit Nahmen genennet, und der größte Theil des Publikum gieng darüber weg,
es wuste es nicht. Lassen sie uns itzt eine Vergleichung anstellen. Sie nennen den
Nah=
men des Herrn Weiskern, sie reißen eine Stelle aus dem Zusammenhange heraus, in der
Hofnung, daß sie die nachtheiligste Wirkung für den Herrn Weiskern haben wird, und
verschweigen ihrer Gemüthsart gemäß, alles, was jeder ehrliche Mann mit gutem
Ge=
wissen hätte hinzusetzen müssen.
Der Verfasser der Bibliothek der schönen Künste und Wissenschaften, welcher eine
un=
gegründete Critik wieder den Herrn Weiskern von einem Fremden erhielt, der Herr
Kreis=
steuereinnehmer Weiße, der sich denn zuletzt von seinem Reisenden hintergangen sah;
ein Mann von wahren Verdiensten, von dem besten Herzen, schrieb kurz darauf an den
Herrn Weiskern, und ich kan nicht umhin den Brief einzurücken, da ich so glücklich
ge=
wesen bin, eine Abschrift davon zu erhalten. *
Wir haben eine Hänselin, eine Mercour / eine Kirchhofin besessen. Herr Weiskern
hat sie durch tausend Bemühungen hiehergebracht. Jst er Herr vom Theater? Jst es
seine Schuld daß sie nicht mehr hier sind? wie viel ließe sich hier nicht sagen? = = = =
Eine Starkin / eine Steinbrecherin / eine Schulzin. Man hat schon längst auf
diese und auch auf andere gedacht, die sie nicht einmal kennen; allein wer wird ietzo gleich
so lieblos seyn, und diese Schauspielerinnen kleinen Gesellschaften zu einer Zeit zu
entreis=
sen suchen, da sie mit ihren
Impressariis
in
Contract
stehen, da es für diese braven
Leu=
te vielleicht ein unersetzlicher Verlust seyn würde, wenn sie dieselben verlöhren, und da
man sich vielleicht endlich aus verschiedenen Ursachen eine abschlägige Antwort zuziehen würde?
Leihen sie uns ihr Herz, alsdenn werden wir es vielleicht im Stande seyn.
Zum Beschluß, wenn auch Herr Weiskern nicht das geringste Verdienst hätte, wie
sie es von Grund ihrer Seele wünschten, so hat er doch gewiß das, daß er den Herrn
Stephanie und folglich den guten Geschmack zuerst zu Riga in Liefland entdecket, und
nicht eher geruhet hat, bis er ihn nach Wien gebracht; wie wir denn auch gleich die
Wir=
kung aus der Wahl seiner dargegebenen Stücke, dem von ihm verbesserten Hochzeitstage /
der Liebe in der Grotte und andern sehr deutlich gesehen haben. Würde Herr
Stepha=
nie wohl außerdem noch ein Mitglied unserer Bühne seyn? dieses Verdienst können sie
den Herrn Weiskern doch gewiß nicht absprechen, und er ist auch so bescheiden, daß er damit
zufrieden ist.
Wenn eine persönliche Feindschaft, wenn Ränke die man spielt, den Werth eines
Mannes entschieden, wurden wir nicht oft auch die rechtschaffensten Männer für
Ungeheu=
er halten müssen?
Wird endlich die pöbelhafte Sprache der Antwort den guten Geschmack zu bilden,
die Sitten seiner zu machen, wohl geschickt seyn?
Mehr will ich diesem seichten Verfasser nicht sagen. Sein Antwort ist seicht (ich
bediente mich seines Lieblingswortes) und empfehle mich allen Liebhabern der deutschen
Bühne.
* Hochgeschätzter Freund,
Wie Ehre Jhrer Zuschrift ist mit ungemein schmeichelhaft gewesen. Wie wenige giebt es, die
eine solche Beleidigung, wie Jhnen würklich durch meine Bibliothek wiederfahren ist, mit
gleicher Großmuth und Güte vergelten würden! aber meine Schuld ist es nicht, und ich werde jede
Gelegenheit suchen, Jhnen öffentlich Gerechtigten wiederfahren zu laßen. Der damahlige Aufsatz
kam von einem gelehrten Reisenden, der fast alle Schaubühnen in Europa gesehen hatte, und
viel=
leicht von dem französischen und englischen Theater noch voll, die deutschen Vorstellungen nach jenen
beurtheilet hatte / wo freylich die dramatische Kunst weit höher / als bey uns gestiegen ist. Mein
Eifer für unsere Bühne ließ mich nicht anstehen / diesen Aufsatz einzurücken: sie werden aber schon
aus meinen dazumal hinzugesetzten Anmerkungen gesehen haben / daß ich die Schuld mehr auf den
vor=
nehmen Pöbel warf, der den Geschmack unter uns nicht durch seine Aufmunterungen zu unterstützen
suchet / als auf eine Schauspielergesellschaft, die oft bey dem feinsten Geschmacke sich nach seinen
elenden Zuhörer richten muß / wenn sie dieselben befriediget von sich lassen will. Jch bin noch mehr
von dieser Wahrheit überzeugt worden, nach dem ich gehöret habe, wie Sie bey Jhren besten
Be=
mühungen von allen Seiten eingeschränket werden / und wie viel Jhnen der Neid und die Eifersucht
andere Hindernisse in den Weg werfen: allein der Beyfall der Vernünftigen und Guten müßte Sie
für ihren Eifer belohnen. Es gehöret Zeit und Geduld dazu, wenn man die Barbarey und das
Vorurtheil unterdrücken will / zumal wenn es die stärkern Waffen in Händen hat. Jch werde mir
eine Freude daraus machen, Jhnen / Werthgeschätzter Freund, bey jeder Gelegenheit zu zeigen / mit
wie viel Hochachtung ich bin
Dero
Leipzig den 8ten
Febr. 1765.
ganzergebenster Diener
Weiße.