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Wienerisches DIARIUM

Nr. 101, 18. Dezember 1751

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[1]

Aus Africa.

Tunis 6. Oct.

JN dem Friedens=und Schiffahrt=tractat,
den diese Regierung mit dem König von
Groß=brittannien erneuert hat, ist un=
ter
andern stipuliret, daß die Engländische
Paquet=bohte mit blossen Commissionen von
Jhro Groß=brittannischen Majestät versehen
seyn sollen, und daß die nach Port=mahon,
und Gibraltar gehörigen Schiffe von 2. drit=
teil
Matrosen, die von diesen Häfen gebürtig
seynd, besetzet, mithin nur darauf ein drittel
von Fremden seyn müssen. Man glaubt gleich=
wol
nicht, daß diese Bedingung wird so ge=
nau
genommen werden. Es ist sehr wahr=
scheinlich
, daß man durch die von Port=ma=
hon
und Gibraltar gebürtigen Matrosen auch
die geborne Engländer verstehen werde. Da
es natürlich ist, daß die Ministri, und Con=
suls
von Groß=brittannien, und Holland sich
einander in denen Dingen, welche die Handlung
deren 2. Nationen betrift, die Hand reichen;
so hat der Chef des Geschwaders, Hr. Keppel,
grossen Beystand bey dem Holländischen Con=
sul
Hrn. Plowmann, gefunden.

Aus Jtalien.

Neapel 18. Nov.

Man bemerket, daß seit 50. Jahren. der
Berg Vesuvius nicht mit so grausamer Ge=
walt
getobet, noch so vielfältige Flammen,
und brennende schweflichte Materie ausgespien,
als in denen lezt=verwichenen 10. bis 12. Ta=
gen
, nämlich vom 26. Octob. bis den 6. No=
vembris
. Die Schifleute wollen versichern,
daß sie die Spitze des obbemeldeten Berges
fast mehr als 80. Jtaliänische Meilen weit
auf der See, gleich einem brennenden, und
glüenden Ofen, bey der Nacht wahrgenommen,

man halt es hier für ein grosses Glück, daß
die Flammen durch den Wind Seewerts getrie=
ben
worden, sonsten man nicht ohne Ursach
zu beförchten gehabt hätte, daß die Stadt selbst
von schweren Unglücken, und Beschädigungen
nicht frey geblieben seyn würde. Als den 31.
Octobris Nord=west=wind, das Wetter aber
hell, und trucken, jedoch kalt gewesen, hat
der entzündete Berg aus seiner ehegemeldeten
förchterlichen Oefnung eine dicke Dunst=wol=
ke
heraus gestossen, welche von dem heftigen
Wind hin und wieder getrieben worden. Die
jenige, so die Würkungen dieser wundersamen
Begebenheit in der Nähe betrachten wolten,
hätten fast das Unglück gehabt, durch den mit
Schwefel, und Salpeter vermischten Dampf
erstickt zu werden, wie man dann unter an=
dern
einen Franzosen Sinnlos davon getragen.
Ein dabey gestandener Berg hat sich in den
Abgrund gestürzet, so anjezo 100. Fuß im
Durchmessen haben wird, die Fläche des in=
neren
Raums ist ganz verändert, und durch
neue Auswürfe 20. bis 30. Fuß hoher Materie
in Gestalt eines Flügels erhöhet: Der Rand
worauf man am bequemsten herab gehen kön=
nen
ist voneinander gespalten. Die grund=
färbige
Mittags=seite des Raums, und ihr
innwendiger Rand von gleicher Farbe ist durch
hier und dort untermengte hell gelbe Strah=
len
gleichsam verschönert worden. Auf dem
Berg Vesuvio hat sich bis gestern wieder eine
merkwürdige Veränderung folgender massen
ereignet; Seit dem 28. Octob. hat die Berg=
spitze
beständig gebrauchet, aber den 6ten
dieses bey Untergang der Sonnen sahe man
ihn wieder ganz im Feuer, und die ganze
Nacht durch warf er mit grosser Heftigkeit
Feuer aus: Zu gleicher Zeit hat die neue Oef=


[2]

nung auf der Ost=seite des Berger ein so hel=
les
Feuer ausgespien, daß, ob gleich die
Stadt Neapel auf der gegenüber stehenden
Seite ligt, und die ganze Höhe des Bergs da=
zwischen
ist, gleichwol der Gegenschein des hel=
len
in die Luft sich erhebenden Feuerstroms in
denen Gassen der Stadt deutlich zu sehen war.
Gegen 2. Uhr des Morgens wurde der Berg
und die herumligende Gegend von neuem er=
schüttert
, man hatte aber den Trost zu ver=
nehmen
, daß die erste Oefnung endlich ver=
stopft
seye, und die Feuer=materie gegen Su=
den
zu fliessen aufhöre, wordurch der Rest
dasiger schönen Land=güter sich ausser Gefahr
befindet: man weis noch nicht eigentlich, wie
viele Meilen sich der Feuerstrom ergossen, und
wie breit er ist, man hat aber bemerket, daß
als der Feuerstrom ben Berg herab schosse,
er ungeachtet einem alten ausgehärteten Lava,
in dessen Canal er lieffe, alle Stunde bis 900.
Schuh fortruckte, aber verwunderlich ist es,
auf der Ebene rukte er in einer Stunde kaum
7. bis 8. Schuhe weit: er war auf der Ebene
vorne 632. Schuhe breit, und in vielen Or=
ten
bis 15. Schuh hoch. Den 8. und 9ten
regnete es immer fort, und niemand war vor=
witzig
in der Nähe zu sehen, was vorgefal=
len
ware: gleichwol geben die neueste Nach=
richten
, daß die neue Oefnung allezeit den
Feuerstrom auswerfe. Gestern Morgens
und verwichene Nacht hat man das gewöhn=
liche
Brüllen im Berg nicht gehöret, welches
am besten einer Salve aus Musqueten kan
verglichen werden.

Livorno 26. Nov.

Der alhiesige Holländische Consul hat we=
gen
des Todfalls des Prinzens von Oranien
die Trauer angeleget. Desgleichen haben die
in diesem Hafen ligende Holländische Schiffe
mit einschichtiger Abfeurung ihrer Stücken von
5. zu 5. Minuten, und Wähung ihrer Flag=
gen
an der halben Stange ihre Betrübnuß über
besagtem Todfall zu erkennen gegeben.

Aus Corsica vernimmt man; daß der Mar=
quis
von Coursaick in kurtzem nach Bastia zuruk
kehren werde, man beförchtete aber einen neuen
Handel, aldieweilen dem Vernehmen nach
auch ein grosses Corpo Französischer Truppen,
nebst 2000. Bauren dahin kommen sollen, mit
welchem Gefolg der Genuesische Commissarius
Grimaldi ihne nicht einzulassen gedachte.

Genua 27. Nov.

Sonntags um 3. viertel auf 11. Uhr hat=

ten wir alhier ein starkes Erdbeben, welches
5. Minuten lang daurete, und die ganze Ge=
gend
von hier bis Bocchetta zu ganz unge=
meinen
Schrecken deren Jnwohnern erschüt=
terte
. Unter andern wurden sogar die in dem
Hafen ligende Schiffe gewaltig zusammen ge=
stossen
, es geschahe aber kein anderer Schaden.

Rom 27. Nov.

Sonntags Vormittag beschahe in der Va=
tican
=kirche die feyerliche Seligsprechung der
Ehrw. Johanna Francisca von Chantal gebo=
ren
von Dijon aus Burgund, und Stif=
terin
des Ordens von Maria Heimsuchung,
davon alhier die Salesianer Kloster=frauen in
der Strasse Longara ein Kloster haben. Es
ware bey dieser Gelegenheit die ganze Vati=
can
=kirche mit vielen tausend Ehlen Damast,
und Samet, auch goldenen Borden, und
Franzen, besonders aber die Tribuna mit kost=
baren
von Gold gewürkten Spallieren von dem
berühmten Mahler Raphael D’urbino ausge=
zieret
, annebst mit mehr, als 3000. Pfund
Wax=kertzen beleuchtet. Auf dem Altar der
St. Peters=Canzel befande sich die Abbildung
der Seligen mit einem seidenen Vorhang ver=
hüllet
, desgleichen beederseits zwey andere
Gemählde mit folgenden Jnschriften: Joanna
Francisca a Chantal S. Instituti Visitatio=
nis
B. MARIÆ, Leges A. S. Francisco Sale=
sio
dictatas suscipit, ae Sodalibus obser=
vandas
proponit.

Auf der andern Seite:

Sacræ Missionis Presbiteri missi Annecium
a S. Vincentio, & Paulo jubentur Joannæ
Franciscæ veluti matri obedire.

Jn der Vorhalle der Kirche, welche gleichfalls
mit allerhand kostbaren Tappeten ausgeschmü=
ket
gewesen, sahe man ebenmässig oberhalb
dasigen Haupt=eingangs ein Gemählde auf=
gemacht
, auf welchem eine Wunderthat der
Seligen entworfen ware, als nämlichen wie
ein auf den Tod krankes Mägdlein durch blos=
se
Anruffung der Seligen augenbliklich gesund
worden. Ausserhalb der Vorhalle ober der
Thür ware eben die Selige in ihrer Glory
vorgestellet, und unterhalb solchen Gemählde
ware das Wappen der Seligen, zu dessen rech=
ter
Hand das Wappen des Cardinal Stuard,
linker Hand aber das Wappen der Vatican=
Kirche angeheftet sich befande.

Um 17. Uhr nahme die Function ihren An=
fang
, und erschienen dabey 16. Cardinals,

[3]

und das gesammte Vaticanische Dom=Ca=
pitul
, auch Prälaten, und die übrigen Räh=
te
der Versammlung deren H. Gebräuchen.

Es wurde gleich zu erst um die Publicirung
des Päpstl. Breve über diese Seligsprechung
gebetten, und da dem Cardinal Stuard das=
selbe
überreicht wurde, liesse dieser solches of=
fentlich
ablesen, darauf der Monsig. Cremo=
na
Valdina das feyerliche Te Deum anstim=
mete
, und solches von der Päpstl. Musik fort=
gesetzet
, während deme auch das Bild auf
dem Hoch=altar, und alle übrige unter Ab=
feurung
deren Stucken, und Böllern, auch
Läutung aller Glocken aufgedecket wurden.

Hierauf wurde das feyerliche Hoch=amt ab=
gesungen
, und während deme allen Anwesen=
den
ein gedrukter kurzer Begrif, oder Lebens=
Beschreibung dieser Seligen ausgetheilet.

Eben diesem Vormittag verfügten sich seine
Päpstliche Heiligkeit in obgedachte Kirche deren
Salesianerinen, allwoselbst damals eine 3.
Tägige Andacht zu Ehren dieser Seligen, als
ihrer Stifterin den Anfang nahme, und lasen
alda eine H. Messe. Es haben auch Se. Heilig=
keit
selbst die Unkosten zu der Auszierung und
Beleuchtung ihrer Kirchen bey solcher Gele=
genheit
allermildest dargeschossen.

Montags liesse der alhiesige Französische
Bottschafter Herzog von Nivernois wegen der
Geburt des Herzogs von Burgund in der hie=
sigen
Französischen Nation =kirchen von St.
Ludwig ein feyerliches Hoch=amt, und Te
Deum halten, zu welchen GOttes=dienst nach
diesesfalls vorhero erhaltener Päpstl. Erlaub=
nuß
25. Cardinälen sich einfanden. Die Kir=
che
ware bey dieser Gelegenheit ungemein
prächtig ausgezieret, und dahero ist darbey
eine unbeschreibliche Menge Volk zugegen ge=
wesen
. Nachmittag, gleichwie auch den fol=
genden
Tag ware jedesmal ein Pferd=lauf,
und Abends sahe man den Farnesischen Pallast,
welchen der Herr Bottschafter bewohnet, so=
wol
in=als auswendig mit vielen Fackeln be=
leuchtet
, auch liesse derselbe an verschiedenen
Orten für das Volck Wein rinnen.

Weilen mehrerwehnter Bottschafter auch
Se. Päpstl. Heiligkeit selbst, um die prächtige
Auszierung des Farnesischen Pallasts in Au=
genschein
zu nehmen, eingeladen hatte, so er=
schienen
dieselbe ganz unverhoft alda, als eben
die Beleuchtung völlig angezündet ware. Bey
solcher Gelegenheit musten eilends die vor=
handene
Musici auf dasig kleinen Theatro ei=

nige Arien von der Cantata, welche beyde =
ge
alda aufgeführet wurde, hören lassen, und
dabey wurden dem gesamt Päpstl. Gefolg kost=
bare
Erfrischungen ausgetheilet. Dieser Tagen
ist der Erzbischof von Benevent Cardinal Lan=
di
, und von Pesaro der Cardinal Mosca hie=
her
zuruck gekehret. Dieser letztere hat bey sei=
ner
Ankunft erfahren müssen, daß immittelst
in seinem Pallast ein Diebstal von 12000.
Scudi Werts Tafelsilber beschehen, wovon
die Jnzücht auf seinen Hausmeister gefallen,
welcher durchgegangen, und seithero von ihme
nichtes in Erfahrenheit hat gebracht werden
können. Gestern Abends ist der berühmte
Missionarius P. Leonardo von Porto Mau=
rizio
von seinen Mißionen hieher zuruck ge=
kommen
, und den folgenden Tag darauf hat
es dem Allmächtigen gefallen, ihne zu sich in die
Seeligkeit abzuforderen.

Parma 30. Nov.

Von Madrid ist der neue Spanische Ge=
vollmächtigte
alhier angekommen, um seinen
Vorfahrer den Marches de Ponte Reale ab=
zulösen
, und hat selber mit dem Herzog, und
der Herzogin eine lange Unterredung gehal=
ten
. Die Entbindung der Herzogin nähert
sich heran, und man sagt, daß der Hof von
Frankreich die Tauf=batten=stelle auf sich ge=
nommen
. Es geschehen dermalen alhier vie=
le
Diebstähle, und in denen Gegenden des Ge=
bürges
verschiedene Raubereyen, seynd auch
erst dieser Tagen 2. Rauber alhier hingerich=
tet
worden.

Aus Frankreich.

Paris 3. Dec.

Als Se. Majestät der König lezthin von
dem hohen Preis des Brods in hiesiger Stadt
benachrichtiget wurden, haben Höchstdieselbe
aus angestammter Gütigkeit, und Mitleiden
gegen Dero Unterthanen, und aus Aufmerk=
samkeit
auf ihre Bedürfnisse, eine Verordnung
des Staats=rahts ergehen lassen, wordurch
alle neue durch das Edict von 1743. wieder
hergestellte Auflagen, auch die 4. Sols vom
Livre auf alle unentbehrliche Lebens=mittel,
nämlich Eyer, Butter, Käß, Lämmer, Ge=
flügel
, Wildprät, Spanfärkel, Ziegen,
Schweine, Salz, Holz=kohlen, Brennholz ꝛc.
aufgehoben werden: Welche Verordnung den
1. dieses ihren Anfang genommen. Durch ein
anderes Königl. Edict ist verordnet, daß da
die allzugrosse Anzahl deren Buch=druckern in

[4]

einem Staat höchst nachtheilig seye, so ver=
bieten
Jhro Majestät jeder Jnnung, keinen
neuen mehr anzunehmen, noch in 10. Jahren
einen Lehr=jungen aufzudingen. Lezteren Sonn=
tag
Abends, haben die Musquetiers, aus Be=
fehl
des Königs, einem jeden Parlaments=glied
einen versiegelten Königl. Befehl überbracht,
wodurch ihnen, bey Straffe des Ungehorsams,
eingeschärfet worden, sich den folgenden Tag
auf den Pallast zu begeben, und jeder in seiner
Kammer die gewöhnliche Gerichts=sachen vor=
zunehmen
: jedes Glied dieses höchsten Gerichts=
hofes
gehorchte des Königs Befehl, und begab
sich auf den Pallast, weil aber die Advocaten,
dem Vernehmen nach, hievon keine Nachricht,
noch sich auf die Gerichts=sachen vorbereitet
hatten, als welche durch die entstandene
Zwistigkeiten sehr in Verwirrung gerathen, so
fanden sie sich nicht ein, und die Parlaments=
Kammeren giengen also auseinander, ohne et=
was
vorzunehmen.

Aus Dännemark.

Coppenhagen 27. Nov.

Am Donnerstag trafen Jhro Majestät der
König von der Jagd hier wieder ein. Den
13. November haben Se. Königl. Majestät an
des verstorbenen General=majors von Bulow
Stelle den Kammer=herrn und Obristen Ba=
ron
von Schenk von Winterstett zum Haupt
des Hollsteinischen Cavallerie=regiments bestel=
let
, und wegen des tödtlichen Abgangs des Hrn.
General=majors von Wartenberg den Obrist=
leutenant
Stock, bisherigen Commandanten
auf Stavern, zum Commandanten auf Chri=
stiansand
ernannt.

Aus Pohlen.

Warschau 1. Dec.

Aus Moscista wird gemeldet, daß der Pa=
latin
von Kracau und Kron=feldherr, auf er=
haltene
Nachricht, wie die Contagion in der
Türkey immer mehr ausbreche, die Vorwach=
ten
an der Gränze verstärken lassen, auch al=
len
möglichen Fleiß und Vorsichtigkeit, damit
dieses Ubel sich nicht auch in hiesiges König=
reich
einschleiche, anzuwenden anbefohlen habe.

Lemberg 19. Nov.

Den 16. hujus gegen Mittag wurden wir
hier ein grosses Feuer gewahr, und kurz da=
auf
erhielten wir die betrübte Nachricht, daß
die 2. Meilen von hier gelegene Stadt Kuki=
zow
im Feuer aufgegangen sey; und zwar aus
Versehen und Unvorsichtigkeit der Karaimer.
Durch diese Feuers=brunst ist fast die ganze

Stadt nebst denen Herrschaftlichen Scheunen,
samt den grossen Vorraht am Getreide in die
Aschen geleget worden. Dieses Unglück hat
auch die Stallungen betroffen, worinnen vie=
le
Pferde und anderes Vieh umgekommen. Der
Schade wird allein am Getreide auf viel tau=
send
Gulden gerechnet. Die Catholische und
Griechische Kirche wie auch der Herrschaftli=
che
Pallast seynd von denen Flammen ver=
schont
geblieben.

Aus Teutschland.

Altona 30. Nov.

Zu Ottensen seynd kürzlich zwey Königl.
Dänische Dragoner desertiret, denen ihr Of=
ficier
selbst nachgesetzet, und sie in der Gegend
des Amts Pinneberg angetroffen hat. Auf Be=
fragen
, wohin sie wolten, haben sie zur Ant=
wort
gegeben, sie giengen spatzieren, und weil
er weiter gefragt, wo sie ihren Paß hätten,
haben sie geantwortet, im Busen, wobey sie
ein geladenes Pistol daraus gezogen, und es
dem Officier mit denen Worten, das ist un=
ser
Paß, auf die Brust gesetzet. Da dieser sich
also in Lebensgefahr gesehen, hat er zu ihnen
gesaget: Kinder gehet hin wo ihr wollet, ich
will es euch nicht wehren. Wie sie hierauf
weiter fortgewandert, und der Officier im
nächsten Dorf keine Bauern zu ihrer Ver=
folgung
bekommen können, ist er ihnen auch
weiter nachgegangen, um zu sehen, ob er nicht
auf eine oder andere Weise ihrer habhaft wer=
den
könnte. Jnzwischen haben beyde Deser=
teurs
sich beredet, daß sie diejenigen, der ih=
nen
am ersten begegnen würde, todt schiessen
wolten. Dieses nun ist einem armen Schuh=
knecht
wiederfahren, den sie mit Ungestüm an=
geredet
, er solte niederknien, und ein Vatter
Unser betten, weil er sterben müste. Der Schuh=
knecht
hat zwar um sein Leben gebetten, und
gesaget, er hätte ihnen in nichts gethan; aber
es hat kein Bitten geholfen, sondern er hat
niederknien müssen, da sie ihm dann eine Ku=
chel
durch den Kopf geschossen. Unter solchem
Aufenthalt hat sich der Officier ihnen wider
genähert, und 2. Ochsen=treiber in der Gegend
haben sich durch die versprochenen 10. Thaler
bewegen lassen, die Deserteurs zu verfolgen.
Wie nun einer sein Pistol wieder hervor gezo=
gen
, ist der eine Ochsen=treiber mit seinem
Stecken so fertig gewesen, und hat den De=
serteur
dergestalt gelähmet, daß ihm das Pi=
stol
entfallen, solches auch im Fallen, ohne

[5]

jemanden zu schaden, losgegangen. Beyde
Dragoner seynd hierauf erhaschet, gebunden,
und nach dem nächsten Dorf Stellingen in
Arrest gebracht, von da aber mit einem Com=
mando
abgeholet, und nach Elmeshorn in ge=
naue
Verwahrung geführet worden.

Berlin 7. December.

Am Sonnabend, Vormittags, seynd Se.
Hochfürstl. Durchl. der regierende Herzog von
Braunschweig=Wolfenbüttel, mit Dero Frau
Gemahlin Königl. Hoheit, und Dero Durchl.
ältesten Prinzessin Carolina, auch mit einem
zahlreichen Gefolge; worunter sich der Herr
Oberste von Donderfeld, und der Herr Graf
von der Lippe, befinden, zu Potsdamm ange=
langet
, und von Sr. Majestät, dem Könige
auf das liebreicheste empfangen worden. Zu
Mittage, und des Abends, ist auf dem dasi=
gen
Schlosse grosse Tafel gewesen, und am
Sonntage hat die Durchl. Braunschweigische
Herrschaft das Königl. Lust=schloß Soussou=
ev
in Augenschein genommen, worauf wieder
grosse Tafel ist gehalten worden. Der vorer=
wehnte
Herzogliche Braunschweigische Oberste,
Herr von Donderfeld, traf am Sonn=abend,
Nachmittags, hier in Berlin ein, um beeder
Königinnen Majestäten die erfreuliche Nach=
richt
von der glüklichen Ankunft seiner Durchl.
Herrschaft in Potsdamm zu überbringen. Ge=
gen
Abend rückte ein Detaschement von dem
ersten Bataillon der Leib=garde, unter dem
Commando des Herrn Oberst=Leutenants von
Geist, aus Potsdam alhier ein. Vorgestern,
Vormittags, kam auch die in Charlottenburg
stehende Garde du Corps, unter der Anfüh=
rung
ihres Commandeurs, des Herrn Oberst=
wachtmeisters
von Blumenthal, in hiesiger
Stadt an. Gestern, des Morgens traffen
Jhro Königl. Hoheiten, der Printz von Preus=
sen
, und die Prinzen Heinrich und Ferdinand,
aus Potsdamm hier ein, von dannen zwischen
11. und 12. Uhr Se. Hochfürstl. Durchl. der
regierende Herr Herzog von Braunschweig, in
Begleitung des Königl. General=adjutanten,
Herrn Obersten, Barons von Willich, und
kurtz darauf Se. Majestät, der König, mit
Sr. Durchl. dem Prinzen Ferdinand von
Braunschweig, ebenfalls anlangeten. Gegen
1. Uhr kamen auch Jhro Königl. Hoheit, die
regierende Frau Herzogin von Braunschweig,
in Dero ältesten Prinzessin Carolina Durchl.
alhier an. Beede Königinnen Majestäten, in=
gleichen
Jhro Königl. Hoheiten die Prinzessin

von Preussen, und die Prinzessin Amalia, em=
pfiengen
die Durchl. Braunschweigische Herr=
schaft
mit denen vollkommnesten Merkmalen
der Zärtlichkeit und Freude. Der Hof ware
bey dieser Gelegenheit sehr zahlreich und präch=
tig
, und die hohe Generalität, die in=und
ausländischen Minister, und andere Standes=
personen
, machten Sr. Majestät und der
fremden Herrschaft ihre Aufwartung. Zu Mit=
tage
speiseten Jhro Majestäten, der König und
die Königin, das Königl. Haus, und die frem=
de
Herrschaften, bey Jhro Majestät, der =
nigl
. Frau Mutter. Gegen Abend erhub sich
der ganze Hof, und die Durchl. Braunschwei=
gische
Herrschaft, in das Opern=haus, allwo
das Sing=spiel, Armida betitelt, aufgeführet
wurde. Nach geendigtem Singe=spiel nahm
das Königl. Haus, und die Braunschweigi=
sche
Herrschaft, das Nachtmahl bey Jhro Maje=
stät
, der Königin ein. Seit vorgestern und
gestern, seynd alhier angelanget, Se. Durchl.
der Prinz Friederich Franz von Braunschweig,
Se. Durchl. der Erb=Prinz von Anhalt =
then
, Dero Herrn Bruders, des Prinzen Fried=
rich
Erdmanns, Durchl. der General=Feld=
marschall
, und Gouverneur hiesiger Residenzen,
Herr von Keith, und der General=leutenant,
Graf von Rohtenburg, der würkliche Gehei=
me
Staats=Krieges=und in Schlesien dirigiren=
de
Minister Herr Graf von Münchow, und
der General=major von der Cavallerie, Herr
Baron von Kyow, allerseits aus Potsdamm,
Se. Excellenz, der würkliche Geheime Staats=
Krieges=und ehemalige gevollmächtigte Mi=
nister
an dem Römisch=Kaiserl. Hofe, Herr
Graf von Podewills, und der hiesige Königl.
Schloß=hauptmann, Herr Graf von Kamecke,
beede von ihren Gütern und der Königl. Kam=
mer
=präsident, Herr von Aschersleben, aus
Stettin. Währendem Aufenthalte des Braun=
schweigischen
Hofes alhier haben die Aufwar=
tung
bey Sr. Hochfürstl. Durchl. dem Herzo=
ge
, der Königl. General=adjutant und Ober=
ste
, Herr Baron von Willich, und bey Jhro
Königl. Hoheit, der Herzogin, der Königl.
Flügel=adjutant, und Major von der Cavalle=
rie
, Herr Baron von Lentulus. Das gesamm=
te
Hochfürstl. Braunschweigische Gefolg beste=
het
aus folgenden Cavalliers und Dames:
Herr Oberste von Donderfeld, Herr Ober=hof=
meister
von Polen; Herr Capitain, Graf von
der Lippe, Herr Capitain, von Waldau, Herr

[6]

Kammer=junker von Carlowiz, Fräulein von
Winterfeld, Fräulein de la Motte, und Fräu=
lein
von Platen. Heute, des Abends, wird in
dem Opern=hause die erste Redoute gehalten
werden.

Die 2. Schiffe, welche man in England für
die Königl. Preussische Asiatische Compagnie
gekauft hat, seynd bereits in dem Hafen zu
Emden angelanget und werden mit der würk=
lich
in Bereitschaft stehenden Ladung ehestens
zum erstenmal nach China unter Segel gehen.

München 9. Dec.

Gestern wurde in alhiesiger Hof=kapelle das
Festum Patrocinu, und zugleich Titular=fest
von dem hohen Ritter=orden St. Georgii,
wobey der ganze Churfürstl. Hof und die ge=
samte
hohe Ritterschaft in ihrem prächtigen
Ordens=habit erschienen, vermittelst einer ab
gehaltenen Predig und solennen Hoch=amt ge=
feyert
; worauf dann das Geburts=fest Jhro
Röm. Kaiserl. Majestät Francisci I. wie auch
Jhro Majestät der Regierenden Königin von
Pohlen, und Churfürstin zu Sachsen, als un=
serer
alhier verwittibten Röm. Kaiserl. Ma=
jestät
Frauen Schwester Geburts=und Namens=
tage
auf das magnifiqueste in Gala celebriret
worden. Die Herren Cavaliers, welche an
den besagten Tage von Jhro Churfürstlichen
Durchl. unserem gnädigst=regierenden Landes=
fürsten
zu Rittern seynd creiret worden, wer=
den
wir einem geehrten Publico nächstens com=
municiren
.

Prag 11. Dec.

Mittwochs, den 8. dieses als am allerhöch=
sten
Geburtstag Jhro Röm. Kaiserl. Maje=
stät
FRANCISCI I. hat sich das alhiesige Kai=
serl
. Königl. hohe Ministerium, und ein zahl=
reicher
hoher Adel in prächtigster Gala in der
hiesigen Metropolitan St. Veits=kirche ein=
gefunden
, und alda dem, aus Anlaß dieses al=
lerhöchsten
Fests gehaltenen Hohen=amt auf=
erbäulichst
beygewohnet, nach Vollendung des=
sen
aber, bey Jhro Excell. Hrn. Wenzl Casi=
mir
Netolitzky, Freyherrn von Eysenberg, Hrn.
der Herrschaft Kost, Jhro Kaiserl. Königl.
Majestät würklich=geheimen Raht, Obristen
Lehen=richter, und der Hochlöbl. alhiesigen
Kaiserl. Königl. Repräsentation und Kammer=
Præside herrlich zu Mittag tractiret worden.

Wien den 18. December. 1751.

DA den 9. dieses fruhe um 6. Uhr Se. Ex=
cell
. (Tit.) Hr. Joseph Lotharius des H.

Röm. Reichs Graf zu Königsegg Rohtenfels,
Erb=herr auf Aulendorf, und Stauffen, ꝛc.
Ritter des goldenen Vlieses, Jhro Röm.
Kaiserl. Königl. Majestät würklich geheimer
und Conferenz=raht Obrist=hofmeister, Feld=
marschall
, General Obrister deren Windisch=
und Petrinianischen Gränzen, Obrister über
ein Regiment zu Fuß, und Commandant hie=
siger
Kaiserl. Königl. Haupt=und Residenzstadt
Wien, dieses Zeitliche gesegnet haben, so lies=
se
der Universal Erb=herr, (Tit.) Hr. Gene=
ral
Feld=marschall Leutenant Christian Graf
von Königsegg aller Orts Nachricht davon ge=
ben
; einfolglich wurde von dem Kais. Hof aus al=
len
Herren Toisonisten Hof=ämtern, geheime Räh=
ten
, Kammer=herren sammentlichen Häuptern de=
ren
Dicasterien samt Dero subordinirten zu der
Begräbnus um 5. Uhr Abends den 11. die=
ses
in die Kirche deren WW. EE. PP.
Franciscanern, und zu denen Exequien
daselbst auf den 13. 14. und 16. dieses
um 10. Uhr angesaget. Zu der Begräbnuß,
weilen sich nach dem Platz zu richten ware,
seynd 2. Battaillons mit 4. Fahnen, nebst 6.
Stucken mit einem Stuck=hauptmann, unter
Commando des Hrn. Obristen Johann Reich=
hard
, Freyherrn von Wolkerstorf, Hrn. Ob=
rist
=leutenant Rudolph Christoph von Schwarz,
und Hrn. Obrist=wachtmeistern Carl Ludwig
Freyherrn von Seckendorf, über die ganze Sei=
lerstatt
commandiret worden, welche mit über=
zogenen
Spielen, in Vorbeypassirung der Lei=
che
nicht allein das Spiel geschlagen, sondern
auch bis zu der Kirche deren WW. EE. PP.
Franciscanern Spallier gemacht, und nach der
Begräbnus 3. mal abgefeuert haben: neben
dem Quartier Sr. verstorbenen Excell. wur=
de
rechter Hand ein Leutenant mit 40. Pfer=
den
gestellet: auf den Franciscaner=platz stun=
de
so viele Cavallerie als nur Platz gefunden
worden, mit überzogenen Paucken und Trom=
peten
à la Sourdine , unter Commando des
Hrn. Obristen August Freyherrn von Bülon,
Hrn. Obrist=Leutenanten Valerii Marchesen
von Beccaria, und Hrn. Obrist=wachtmeistern
Abraham Gottlieb Baron von Gerstorf, wel=
che
aber wegen Enge des Platzes und zu ent=
stehender
Unordnung nicht haben abfeuren
können.

Nach dem mit 12. brennenden Windlichter
beleuchteten Wagen, welcher den Leichnam ge=
führet
, und zu welchem von puren Herrschafts=
officieren
derselbe getragen, und eingesetzet,


[7]

bey der Kirche aber von denenselben wieder
heraus genommen, und in die Kirche getragen
wurde, ist allein der alhiesige Platz=obriste Hr.
von Mühlburg gegangen, und nach ihme haben
der Hofmeister, Stallmeister, Kammerdienere
und übrige groß und kleine Bediente des Ver=
storbenen
den Schluß gemacht; Jn der Kir=
che
sodann wurde der Leichnam mit denen ge=
wöhnlichen
Geistlichen Ceremonien von Jhro
Excell. Grafen Esterhasy Bischoffen von Neutra
zur Erden bestattet.

Den 12. dieses seynd Se. Excell. der Hoch=
und Wolgeborne Hr. Hr. Leopold des Heil.
Röm. Reichs Graf und Hr. von und zu Daun
auf Callenborn, und Sassenheim, Principe
di Thiano , Kaiserl. Königl. Kammerer,
würklicher geheimer Raht, General=feld=zeug=
meister
, Obrister über ein Regiment zu Fuß,
und Commandirender General in dem Erz=
herzogtum
Ober=und Nieder=Oesterreich ꝛc. Von
Jhro Kaiserl. Königl. Majestät zum würklichen
Commandanten über die hiesige Haupt=und Re=
sidenz
=stadt Wien allergnädigst ernannt worden.

Nachdeme (Tit.) Hr. Anton Graf von =
zan
, ꝛc. der Röm. Kaiserl. Königl. Majestät
Kammerer, und General Feld=marschall=leu=
tenant
, den 12. dieses das Zeitliche gesegnet,
so wurde Tags darauf als den 13. dieses
dessen Leichnam in der Pfarr=kirchen zu U. L.
Frauen zun Schotten St. Benedicti Ordens zur
Erden bestattet, und um 5. Uhr Abends aus
seinem Quartier dahin geführet, alwo auf den
sogenannten Platz die Freyung zwey Escadrons
von den alhier guarnisonierenden Löbl. Prinz
Birckenfeldischen Küraßier Regiment mit der
überzogenen Paucken und Trompeten mit Sar=
dinen
und 3. Canons, unter Commando (Tit.)
Hrn. General=wachtmeister Benedict Grafen
von und zu Daun paradirten; jedoch konnte
wegen Jhro Kaiserl. Königl. Majestät Anwe=
senheit
in Dero unweit entfernten Burg nicht
abgefeuert werden.

Mittwoch, den 15. dieses.

Nach dem Rorate=amt in der Kammer=ka=
pellen
seynd beede Kaiserl. Majestäten mit
Staats=und Landes=Anligenheiten beschäftiget
gewesen. Abends aber, nachdeme Mittags
von 12. bis 1. Uhr die Glocken in allen GOt=
tes
=Häusern und Klöstern in=und vor der Stadt
geläutet worden, haben Allerhöchste Herrschaf=
ten
in der Josephinischen Hof=kapellen all in=
cognito
der Vigil wegen des einfallenden Jahr=
tags
des höchst=betrübten Ablebens der Durch=

leuchtigsten Ertz=herzogin Maria Anna ge=
westen
Gubernantin deren Oesterreichischen
Niederlanden, und vermählten Herzogin zu
Lothringen seeligster Gedächtnus beygewohnet.

Donnerstag, den 16. dieses.

Nachdem in der Fruhe beygewohnten Ro=
rate
=amt haben Allerhöchst besagte beede Kai=
serl
. Majestäten, da Vormittag von 9. bis
10. Uhr wegen obbemeldten betrübten Jahr=
tages
abermalen die Glocken überall geläutet
worden, denen Exequien in besagter Josephi=
nischen
Hof=kapellen incognito beygewohnet.
Jn der Fruhe aber um 7. Uhr vorher Jhro
Majestät die Kaiserin in der Kaiserl. Krufte
bey denen WW. EE. PP. Capucinern 2. hei=
ligen
Messen auch incognito abgewartet.

Freytag, den 17. dieses.

Fruhe nach dem gewöhnlichen GOttes=dienst
in der Kammer=kapellen, haben beede Kaiserl.
Majestäten in inneren Landes=anligenheiten
der Conferenz beygewohnet.

Eodem wurden Vormittag bey Hof in der
Josephinischen Kapellen für zwey in diesem
abweichenden Jahr in Gottselig entschlaffene
Hoch=adeliche Stern=kreuz=ordens Damen,
nämlich für (Tit.) Frau Theresia Menesses,
Gräfin von Fuencaiada, so zu Neapel, und
für (Titl.) Frau Catharina Fürstin von Al=
contres
, geborne Fürstin Arcluino de la Roc=
ca
, so zu Messina in Sicilien dieses Zeitliche
gesegnet, die Exequien gehalten.

Seit den 6. lauffenden Monats Decemb.
sihet man alhier an denen gewöhnlichen Orten
ein Patent angeschlagen, kraft welchen Jhre
Kaiserl. Königl. Majestät die Errichtung der
sogenannten Genuesischen Lotterie in Dero
Teutschen Erb=landen auf dem Fuß, wie sol=
che
zu Rom, Florenz, Meiland, Mantua ꝛc.
alwürklich eingeführet ist, allergnädigst gestat=
ten
; derentwillen sie auch dem edlen Hrn. Octa=
vio
von Cataldi (welcher solche vor einigen
Jahren mit allgemeiner Genehmhaltung und
vollkommener Zufriedenheit in dem Groß=her=
zogthum
Toscana errichtet, auch durch eine ge=
raume
Zeit geführet hat) auf zehen Jahr von
dem Monat April nächstkünftigen 1752sten
Jahr anzurechnen, ein Privilegium privati=
vum
ertheilet haben; gleichwie nicht minder
Seine Kaiserliche Majestät zu einem Zeichen
eines allerhöchsten Wolgefallens, fast zu glei=
cher
Zeit des herausgegebenen Privilegii er=
nannten
Hrn. Cataldi mittelst eines aus Dero
Reichs=canzley ihme ertheilten Diplomatis in

[8]

den Reichs=ritter=stand allergnädigst zu erhe=
ben
geruhet haben. Von dem besagten Lotte=
rie
=patent wird man nächstens jedwederen Stuck
des gegenwärtigen Diarii ein Exemplar bey=
legen
.

Lista deren Verstorbenen zu Wien
in=und vor der Stadt.

Den 15. Decemb.

Jn der Stadt.

  • EgodiBamsecket, Hausmeist. im Gräfl. Dietrichstei=
    nis
    . H. in der Herren=gas. , alda, alt 49. J.

Vor der Stadt.

  • Dem Ant. Graß, Lack. , s. K. Barb. , bey dem goldenen
    Adler auf der Wied. , alt 3. J.
  • Dem Carl Stebeneck, Geig. , s. K. Joh. , bey dem weis.
    Lämmel am Neustift, alt 3. J.
  • Adam Mallack, Zielen=raumer, im Cardinalisch. Gart.
    in der Leopoldst. , alt 55. J.
  • Dem Joh. Kienberger, Kutsch. , s. W. Anna, im Al=
    brechtis
    . H. in der Leopoldst. , alt 29. J.
  • Dem Simon Stidl, Tagw. , s. W. Theres. , im End=
    lis
    . H. zu Erdberg, alt 35. J.
  • Justina Fischerin, alt 60. J. , Franz Zöpfl, alt 18. J. ,
    und Sabina Gandin, alt 53. J. , alle 3. im Kran=
    ken
    =H.
  • Summa 9. Personen, darunter 2. Kinder.

Den 16. Decemb.

Jn der Stadt.

  • Adam Heindlein, Lack. , im Schießlisch. H. in der =
    ckerstr
    . , alt 41. J.

Vor der Stadt.

  • Dem Joh. Wetschati, Burgerl. Seiden=färb. , s. K.
    Theres. , im Herdis. H. in der Leopoldst. , alt 2. J.
  • Joh. Bauer, gew. Ziegel=versilb. , bey dem gold. Läm=
    mel
    in der Alster=gas. , alt 53. J.
  • Jgnatz Herfner, gew. Wasser=bren. , welcher sich über
    eine Stiegen erfallen, ist bey dem gold. Pelican am
    Spitalberg vom Kais. Stadt=gericht beschauet wor=
    den
    , alt 39. J.
  • Jacob Freiner, Kreutz=fas. , bey dem gold. Straus. bey
    Maria=hülf, alt 56. J.
  • Der Eva Greinbaurin, Wittwe, ihr K. Franz, bey
    der gold. Kanne im Liechtenth. , alt 6. J.
  • Dem Jacob Schwager, Woll=schlag. , s. K. Jos. , im
    Drobnis. H. in der Unger=gas. , alt 4. J.
  • Anna Beterlauin, ar. M. , bey dem gold. Hut am
    Neustift, alt 21. J.
  • Michael N. , zu St. Marx, alt 40. J.
  • Summa 9. Personen, darunter 3. Kinder.

Den 17. Decemb.

Jn der Stadt.

  • Jhro Excell. die Hoch=und Wol=geb. Frau, Frau Ma=
    ria
    Josepha verw. Marchesin v. Cusani, geb. Grä=
    fin
    v. Nesselrod, im Kloster bey St. Ursula, 76. J.
  • Die Wol=ehrw. Chor=schwest. Magdal. Baumgartne=
    rin
    , im Kloster zur Himmel=pforten, alt 64. J.
  • Dem Fried. Orrt, gew. Kais. Meister=koch, s. Ehew.
  • Cordula, im Wagneris. H. beym Comödi=H. , 54. J.
  • Dem Casp. Tischer, Burgerl. Klamp. , s. K. Cathar. ,
    im Tasseris. H. im Current=gäs. , alt 5. v. J.

Vor der Stadt.

  • Dem Ant. Adam, Burgerl. Schlos. , s. K. Joh. , bey
    dem gold. Anker im Liechtenth. , alt 6. J.
  • Dem Casp. Langsch, Bestand=wirt. , s. W. Barb. , bey
    dem gold. Pflug bey Maria=hülf, alt 55. J.
  • Der Elisab. Eberspergerin, Burgerl. Wittwe, ihr T.
    Francisca, im Bildhaueris. H. am Spitalberg, alt
    21. J.
  • Jos. Wolf, Wein=handl. , bey dem weis. Lämmel in
    der Rossau, alt 42. J.
  • Anna Fitzin, Wittwe, im Cutneris. H. zu Erdberg, alt
    68. J.
  • Dem Jacob Lämmel, Kutsch. , s. K. Georg, bey dem
    grün. Baum in der Leopoldst. , alt 5. J.
  • Ant. Mayr, Tagw. , im Baderis. H. im Liechtenth. ,
    alt 56. J.
  • Dem Simon Poblack, Tagw. , s. W. Ursula, in dem
    Sedlmayris. H. zu Erdberg, alt 67. J.

NB. Bey Hrn. Emerich Felix Bader, Buch=
händlern
alhier in der Bogner=Gassen neben
dem Todten=Kopf, seynd nebst vielen andern
guten Büchern in verschiedenen Facultäten und
Sprachen, wovon anjetzo der neue Catalo=
gus
in gedachtem Gewölbe gratis ausgege=
ben
wird, um billichen Preiß zu haben:

  • Etrennes Mignones, curieuses & utiles,
    augmentées pour l’année Bissextile 1752.
    Paris relié à 1. fl. 8. xr.
  • Biblia sacra Latina=Germanica vulgatæ
    Editionis jussu Sixti V. Pontificis maximi
    recognita, locupletibus SS. Patrum & alio=
    rum
    Probatorum S. Scripturæ interpretum
    commentariis illustrata, sub Directione P.
    Germani Cartier O. S. Ben. recens edita,
    & in 18. Tomis distincta, cum Figuris,
    sol. Constant. 1751.
  • Send=schreiben über die strittige Glaubens=
    fragen
    , worinnen die vornehmste Beweg=Ur=
    sachen
    enthalten, kraft deren der Durchl.
    Fürst und Herr Friedrich Pfalz=graf bey Rhein,
    ꝛc. ꝛc. entschlossen, mit der Heil. Catholischen
    Apostolischen Römischen Kirch sich wieder zu
    vereinigen, von einem Priester der Gesell=
    schaft
    JEsu, aus dem Französischen ins
    Teutsche übersetzet, 8. Manheim 1751.
  • Officia propria sanctorum tum pro uni=
    versa
    Germania tum pro Terris Austria=
    cis
    , & per eas diffusa Viennensi, Salis=
    burgensi
    , & Passavlensi Dioecesi, ad Nor=
    mam
    Breviarii Romani disposita, 12.
    Viennæ 1752.


[9]

Aus Schweden.

Stockholm 20. Novemb.

DJe Geschäften werden auf dem Reichs=
tag
sehr beschleuniget. Die 4. Stände
haben dem Marschall, und denen Rednern zu
untersuchen aufgegeben, von was für einer
Beschaffenheit die Regierungs=Form unter dem
hochsel. König ware; in welchen Ausdrückun=
gen
die Versicherungs=acte Sr. Majest. abge=
fasset
worden wäre; die die Person dieses
Prinzens erforderende Abänderung darinnen
zu machen, und sie nach dem jetzt=regierenden
Könige einzurichten. Die geheime Committe
hat zugleich diese 4. Repräsentanten der Stän=
de
authorisiret, besonders darauf acht zu ha=
ben
, daß man keine Zwey=deutigkeit in diese
wichtige Acten einschiebe, und selbige gänzlich
unverfälscht blieben. Der König hat denen
Ständen vortragen lassen, sie möchten denen
beyden Kammer=herren von Lindenhielm und
Wedderkop den Hof=marschalls=rang erthei=
len
. Da aber in zahlreichen Versammlungen
nichts ohne einige Debatte geschihet, so trug
sich eben dieses auch bey dieser geringen Pro=
position
zu, welche jedoch durch die Mehrheit
von 140. Stimmen genehmiget wurde. Der
König hat dieser Tagen vielen Personen kost=
bare
Geschenke gegeben; dabey dann der Graf
von Gyllenburg mit einer goldenen Tabattier,
der Erz=bischof von Upsal mit einem Banco=
billet
, der Burgermeister dieser Stadt, als Ab=
geordneter
an die Stände, mit einer Tabat=
tiere
, worinnen das Portrait Sr. Majestät
befindlich ware, und der Redner des Land=
volkes
mit einer Summa Geldes bedacht wor=
den
ist.

Daß der Herr Graf von Teßin alle seine Char=
gen
niedergeleget, und bloß en Particulier
künftig leben wolle, hat vielen nicht glaublich
im Anfang scheinen wollen. Der Ausgang
hat es bewiesen. Es ist sogar die beygehende
Acte seiner Resignation offentlich bekannt ge=
macht
, und man wird eben so leicht nächstens
das Resultat derer Reichs=ständen darüber
vernehmen.

Nachdem ich meinem Vatterlande 30. Jahr
mit aller Treue, und allmöglichstem Eifer
gedienet habe, so bemüßigen mich meine
dermalige Umstände, bey Ew. Königl. Ma=
jestät
um die allergnädigste Entlassung von


meinen aufhabenden Stellen anzusuchen.
Jch glaube, daß ich dieses um so mehr jetzo
unternehmen dörfe, da der Reichs=tag sei=
nen
Anfang nihmt, und die wichtige Char=
ge
eines Canzley=præsidentens, womit der
König, und die Stände mich beehret, erfor=
dert
, daß der patriotische Schwede, wel=
cher
meiner Stelle wieder besetzen wird, sich
auf das baldigste derer ausländischen Affai=
ren
unterziehe, zumal bey dem Antritt eines
neuen Amtes, und beym Ende eines Reichs=
tages
allezeit neue Einrichtung zu treffen.
Jch bin deswegen ganz und gar nicht da=
von
entfernet, von der Zeit, die ich in die=
sen
Verrichtungen zugebracht, Rechenschaft
zu geben. Jch kan auch solches um so leich=
ter
thun, als ich vor GOtt bezeugen will,
daß ich während dieser ganzen Zeit, und ja
fast jeden Tag hierüber mein Gewissen ge=
forschet
, und untersuchet habe, welches mit
auch allezeit das Zeugnuß eines redlichen
Willens, und eines rechtschaffenen Wesens
gegeben. Jch würde es mir bis in mein
Grab zum Vorwurf machen, wann ich die
jetzige Gelegenheit nicht darzu anwendete,
vor dem ganzen nunmehro versammelten
Reich bekannt werden zu lassen, daß ich mei=
Obligenheit
als ein getreuer Landes=unter=
than
beobachtet habe. Da übrigens mein
Vermögen und Güter sehr schlecht seynd,
welches zu bekennen ich mich um so weniger
schäme, als ich dasselbe auf eine Art, die mir
Ehre bringen muß, aufgewendet, und nie=
mals
solches durch unerlaubte Weege vermeh=
ret
: so füge ich meiner obigen Bitte auch noch
diese bey, daß man mir alles dasjenige mit
abnehmen möchte, was meinen bisherigen
Dignitäten anhängig ware, damit ich für mei=
ne
Person als ein Particulier, ohne die ge=
meine
Land=cassa zu beschweren, die man
bey jetzigen Zeiten ohnehin zu schonen hat,
annoch, so viel es meine Umstände und we=
weniger
Zufluß vergönnet, die wenige Le=
bens
=tage ohne Sorge und Arbeit zubringen
könne.


Der Allerhöchste überschütte Ew. Königl.
Majestät mit seinem beständigen Segen! sein
Geist der Weisheit etleuchte Ew. Majestät!
Seine Gnade bekröne alle Unternehmungen,
so Höchst=dieselbe zu dem Ruhm und der Si=


[10]


cherheit Dero Reichs beginnen. Eben dieser
Göttliche Segen komme auf die Königin, de=
ren
Neigung zu denen Künsten und Wissen=
schaften
dieselbe in diesem kalten Climate wie=
der
belebet, und die sich dadurch einen Tem=
pel
der Ehre errichtet, wo ihr Namen von al=
len
Nationen ewig verehret werden wird.
Der Himmel wolle absonderlich für unseren
geliebtesten Erb=prinzen, dessen Auferziehung
mir seit 2. Jahren anvertrauet gewesen, Sor=
ge
und Aufsicht haben! Er hat bey seiner
Kindheit nichts kindisches, und hat nichts, was
sonst dergleichen Alter eigen zu seyn scheinet.
Sein reines Herz, seine unschuldige Seele,
durchdringenden Wesen, sein gesunder Ver=
stand
, lassen alle diejenige, so sich seiner Per=
son
nähern, empfinden, was man sich von sol=
chen
schönen Eigenschaften versprechen kan.
GOtt weiß, daß ich diesen Prinzen von Grund
meines Herzens liebe, und ich kan Ew. =
nigl
. Majest. und einem jeden, eben da ich
mich der Obsorge für seine Erziehung begebe,
mit aller Wahrheit, und wie mein Gewissen
erfordert, aufrichtig bezeugen, daß ich nie=
mals
an ihm etwas entdecket, welches nicht
einst dem Reich alles Gute und Gedeihliche
versprechen solte. Jch kenne Ew. Königl.
Majest. gnädigste Gesinnungen sehr wol, und
weiß, daß man dieselbe nicht erhalten kan,
ausser wo man Höchst=denenselben mit Auf=
richtigkeit
begegnet. Wann man aber auch die=
selbe
durch Neben=weege erlangen könte; so
achte ich doch die Wahrheit allzu hoch, als daß
ich hier eine Verstellung brauchen solte, zu=
mal
hier in diesem Punct, der auf eine so zier=
liche
Art das Wol unserer Nachkommen be=
rühret
. Der Himmel gebe, daß die zwey an=
dern
Durchleuchtigste Prinzen für unser Vat=
terland
eine Vormauer und Schutz werden
mögen! Der GOtt alles Guten wende von ih=
nen
alle Gefahr, alles Unglück, alle betrübte
Zufälle ab! Der HErr halte unter seinem
Schutz beständig das gesammte Reich, und
die jetzt gesammelte Reichs=stände! Der Frie=
de
blühe immerdar unter dem Schatten des
Scepters Ew. Majest. , auf daß
, , dieselben für das Wol aller Unterthanen in
Sicherheit und Ruhe wachen mögen; wenn
aber ja die Gränzen unsers Staats angefallen
werden solten, so wolle GOtt Dero Unter=
thanen
unter der Anführung und Vorsicht ih=
rer
Könige den Mut und Tapferkeit einflössen,


die dem Vatterland ersprieslich ist. Aller
Segen und alles Glück begleite beständig De=
ro
getreue Ministers, die in Ew. Majestät
Rahts=versammlungen Sitz und Stimme
haben. Jch weiß, daß sie alle einmütig
zum Besten Ew. Majestät und Dero Reichs
arbeiten, daß sie es, ohne auf ihren eige=
nen
Nutzen zu sehen, und zwar eben so
thun, als ich mich auf eben diese Weise be=
strebet
, ein gleiches an mir erfahren zu las=
sen
. Eine einzige unglückliche Theilung de=
ren
Gemütern in einer so edlen Gedenkens=
art
würde das Licht verlöschen, welches zum
allgemeinen Beyspiel brennen solle. Jn
der Einsamkeit, die ich mit ausersehen ha=
be
, werde ich zu meiner völligen Zufrieden=
heit
, und als meinen grösten Reichtum,
das erkanntliche Angedenken so vieler Gna=
de
beybehalten, womit mich die Huld und
Gnade meines Königs und Herrn überhäuf=
fet
. Jch werde es alzeit als meine Pflicht
ansehen, daselbst meinen König, und sein
ganzes Haus eben so aufrichtig zu verehren,
als ich solches während meiner Dienst=lei=
stungen
gethan habe. Die offentlichen Staats=
registraturen
sollen zeigen, daß ich allezeit
die blosse unschuldige Wahrheit geliebet,
daß ich dieselbe ohne Vorstellung und Schmin=
ke
dargestellet, und hierinnen nach der alten
Art eines wahrhaften Schwedens gehandlet
habe, und ich unterfange mich, hierinnen auf
Ew. Maj. mich zu beruffen, als Höchst=die=
selbe
so sehr die Wahrheit lieben. Auf welche
Art also ich die Obligenheit meiner Aemter
befolget; in welchen Umständen ich bey mei=
nem
Antritt die vorligende Angelegenheiten
angetroffen, und in welchen ich sie bey meiner
Entlassung nun verlasse, stelle ich der unpar=
theyischen
Entscheidung dererjenigen anheim,
welche die Gesätze und Verfassung des Reichs
zu meinen Richtern machen, als die untersu=
chen
werden können, wie, und in wie ferne ich
für das gemeine Beste gearbeitet habe. Jch
erwarte hierinnen bloß, was gerecht ist; ich
bitte um kein Ubersehen oder Gnade; dann
dieses gehöret nur für diejenige, die in ihren
Aemtern sich gewisser Verbrechen schuldig ge=
macht
haben. Da ich, als ein getreuer Un=
terthan
meine Pflichten erfüllet, so begehre
ich keine weitere Belohnung, als die Gnade
Ew. Majestät. Jch endige hiemit, und wer=
de
bis ins Grab beharren ꝛc. ꝛc.

»