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Wienerisches DIARIUM

Nr. 93, 19. November 1727

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[1]

Extract -Schreiben aus America
auf der Holländischen Plantage, die neue Hof=
nung
genannt in Rio Isequebo , vom
15. Junii.

Jeses Jahr hat die hiesige Plantage
nicht allein einen guten Theil Zucker
gegeben sondern auch die Farbe Ro-
cou
, eine ziemliche Quantität ausgebracht;
ausser diesem muß berichten / daß kürtzlich
in dieser Revier Isequebo, ein grosses Ster=
ben
unter denen Jndianern gewesen / weil
einer von dieser Nation, von einem andern
sehr beleidiget worden / um nun solches zu
rächen / hat derselbe ein gewisses subtiles Gift
hin=und wider gestreuet / davon dann die
arme rote und nackende Jndianer als Flie=
gen
überall nidergefallen / und zwar also /
daß sie auch selbst ihre Todten nicht unter
die Erde bringen können: von dem alhier
vor ein paar Monat angelangte Ingenieur,
sagt man / weil die alhiesige Festung etwas
hoch liget / und alle Plantage zu beschützen
nicht im Stande / so solle derselbe ein neue
Schantz / so tiefer in der Revier langen kan /
aufbauen / weil man bey jetzigen Zeit=Läuf=
ten
in Europa alhier nicht allzu sicher zu seyn
vermeinet / indem auf der einen Seite nach
Westen die Spanische Revier Oronaque,
4 oder 5. Tag=Reise fern und Oestlich aber
liget das an Frankreich gehörende Land von
Guajana: sonsten haben wir bey 4. Monat
fast Tag und Nacht starke Platz=Regen ge=
habt
/ so mit Sturm / und Ungewitter ver=
gesellschaftet
/ welches unzehliche Würme
verursachet hat.

Aus Persien 1. Augusti.

Der von den Kaufleuten aus Riaschtscha
nach Jspahan abgeschickte Expresse ist den
1sten Junii von dannen wieder zurük gekom=

men: er bringet die Nachricht mit / daß der
Sultan Esref sich damalen in Jspahan auf=
gehalten
/ und sich bey dem gantzen Volk
eine grosse Liebe erworben; in allen Städten
würden sehr gute Anstalten zu einem Uber=
fluß
so wol an Lebens=Mitteln / als Kriegs=
Gerähtschaften gemachet. Der alte Schach
lebe noch / werde aber genau verwachet.

Gibraltar 26. September.

Der General=Leutenant / Graf von Mon-
temar
, ist vor einigen Tagen alhier ange=
langet
/ um die alhier ligende Spanische
Truppen zu commandiren: gleich bey seiner
Ankunft hat er solches unserm Gouverneur ,
Grafen von Portmore zu wissen gethan / und
daneben versichert / wie daß in seinen habenden
Instructionen vornemlich die Observirung
des Waffen=Stillstandes enthalten sey.
Der Herr Admiral Wager liget annoch mit
18. Kriegs=Schiffen von dem Rang in die=
ser
Bay.

Gibraltar 2. October.

Den 30ssen vergangenen Monats ist der
Admiral Wagner mit 16. Kriegs=Schiffen /
und 2. Bombardier=Galiotten aus hiesiger
Baye West=wärts gesegelt; Zwey Kriegs=
Schiffe / die hier noch ligen / und nicht Se=
gel
=fertig waren / sollen ihm noch folgen.
Besagter Admiral hat die Befehle / die er
hat / nicht eröfnen sollen / bis er in der See
seye / so daß man nicht weiß / wohin dieses
Geschwader gesegelt ist. Die hiesige Garni=
son
leidet etwas / wegen Mangel frischer
Provision, so daß mehr als 250. Soldaten
krank seynd / darvon täglich einige sterben.

Cadix 6. October.

Hier seynd 4. Fahrzeuge mit allerley Ge=
rähte
aus der Bloquade von Gibraltar, wel=
che
auf dem vorigen Fuß continuiret wird /





[2]

angekommen. Der Admiral Wager war auf
das neue aus dortiger Bay ausgeloffen.
Dahingegen bleiben alle unsere Kriegs=
Schiffe annoch vor dieser Stadt / und man
sagt / daß einige derenselben nach West=Jn=
dien
segeln sollen; ob gleich aus selbigem
Lande man keine Zeitung hat.

Madrid 21. October

Unser Königl. Hof ist am Samstag von
dem Schloß St. Ildefonse in dem Escurial
zurük gekommen / woselbsten künftigen Sam=
stag
der Geburts=Tag der Königin mit gros=
ser
Herrlichkeit solle gefeyert werden.

Man spricht hier bey nahe von nichts /
als von denen Conferenzien / welche der
Kaiserl. Bottschafter / Herr Graf von =
nigsegg
/ und die Gesandten von Frankreich /
Graf von Rothenburg / und Abt von Mon-
gon
, fast täglich mit unseren Ministern ha=
ben
. Auf Königl. Befehl wird noch immer
mit grossem Fleiß an denen auf dem Stap=
pel
stehenden Kriegs=Schiffen gearbeitet.

Die beede Register=Schiffe von Buenos
Ayres , welche in dem November 1722. un=
ter
dem Commando des Don Salvador Gar-
cia
Pozi , von Cadix abgesegelt / seynd nach
einer kurtzen Fahrt / auf unseren Cüsten zu=
rük
gekommen / wie dann das Vornehmste /
St. Raphael genannt / den 13den dieses zu
St. Lucar de Barrameda , und das andere /
St. Carl genannt / den 15den in der Baye
von Cadix glüklich eingeloffen. Diese Schif=
fe
haben eine reiche Ladung / welche in Häu=
ten
/ Wax / und Wolle / in vielem Gemüntzt=
und gearbeiteten Silber / und in einer gros=
sen
Menge Gold für die Particulier be=
stehet
.

Neapolis 28. October.

Man beförchtet alhier wegen immer ver=
änderlichen
Wetters ein noch mehreres Un=
glük
/ und ist derohalben von Seiner Emi=
nentz
unserem Ertz=Bischof in der Dom=Kir=
che
eine neun=tägige Andacht zu dem Heil.
Januario, unserem Schutz=Patron / ange=
ordnet
worden / welche Freytags mit Aus=
setzung
seines Heil. Haupts / und allen Sta-
tu
en
unserer Heil. Patronen ihren Anfang
genommen; desgleichen wurden die Missio-
nen
/ welche verflossenen Jahr in der Kirche
zum Heil. Geist genannt / gehalten worden /
in gedachter Dom=Kirche eben denselben

Tage angefangen. Es ist alda ein unbe=
schreiblicher
Zulauf des Volks / und deren
Büssenden / indeme die Beicht=Vätter alda
die völlige Gewalt haben / zu mehrerer Be=
kehrung
deren Sündern / von allen Casibus
zu absolviren. Die Prediger seynd sehr ei=
ferig
in ihren Verrichtungen / und der Car=
dinal
/ unser Ertz=Bischof / wie auch der
Cardinal Vice -König begeben sich sehr oft
zur algemeinen Auferbauung in gedachte
Kirche.

Livorno 31. October.

Heute ist das Maltesische Kriegs=Schiffe /
welches zu Genua gewesen / wegen übelen
Wetters alhier eingeloffen.

Rom 1. November.

Sonntag vor=Mittag verfügte sich Jhre
Heiligkeit nach S. Maria in Cosmodin, um
die Einweihung des aldasigen Hoch=Altars
zu verrichten / alda wurde sie von Jhrer Emi=
nentz
dem Cardinal Alexandro Albani em=
pfangen
/ und nach an demselben Altar ge=
endigter
Messe / ertheilten Jhre Heiligkeit
einem Sohn des Venetianischen Bottschaf=
ters
Hrn. Capello die Firmung / dessen Pa=
te
ware obbesagter Cardinal / von welchem
ihme hernach zwey schöne Bilder / eines die
Stadt Rom / das andere die Stadt Vene=
dig
vorstellend / von dem berühmten Carlo
dell' Occhiali , zu einem Geschänk geschicket
worden.

Montags vor=Mittag hatte der obgedach=
te
Venetianische Bottschafter in Begleitung
des Grafen Manzoni, Cammer=Meisters des
neuen Bottschafters derselben Nation, bey
Jhrer Heiligkeit seine Abschied=Audientz / und
Jhre Heiligkeit verehrete ihme einen Heili=
gen
Leib / und zwey grosse Tatzen=voll A-
gnus
Dei , nebst einem andächtigen Bild.

Denselben Tage wurde die Lista deren die
Seine Heiligkeit nach Viterbo begleiten sol=
len
/ herausgegeben; dieselbe bestehet aus
denen 4. Ertz=Bischöfen Fini, Albini, Santa
Maria , und Gambarucci, 4. Edel=Leuten /
4. Lackeyen / 4. Schweizern / 2. Cammer=
Dienern / 1. Credentzier / 1. Keller=Meister /
und 3. Köchen. Nebst denen anderen Ge=
schanknussen
/ so Jhre Heiligkeit Jhrer Chur=
Fürstl. Durchleucht von Cöln bey derselben
Weihung verehren werden / wird auch ein
kostbarer Vesper=Mantel / und eine reiche

[3]

Bischof=Haube seyn; unterdessen ist besag=
ter
Monsignor Gambarucci , Jhrer Heiligkeit
Ceremonien=Meister / bereits nach Viter-
bo
abgereiset / alwo gleichfals ein Cavalier
von ermeldter Jhrer Chur=Fürstl. Durchl.
um die Wohnung für dieselbe in dem Con-
vent
derer PP. Teresianer Barfüssiger zuzu=
bereiten
angekommen ist. Jhre Heiligkeit
werden dero Wohnung bey denen PP. Do-
minican
ern
nehmen. Die Einweihung wird
in der Dom=Kirche vor sich gehen / und die
Canonici werden derselben in ihren Insulen /
und der Magistrat, wie der Römische Senat,
in seinen roten mit Gold gebrämten Röcken
beywohnen.

Dienstags nach=Mittag fuhre obernenn=
ter
Venetianische Bottschafter in zweyen mit
6. Pferden bespanneten Kutschen / und die
Monsign. Querini , und Cornaro in einer
anderen / dem neuen Venetianischen Bott=
schafter
Cavalier Morosini , entgegen / wel=
cher
auch des Abends gegen 23. Uhr mit ih=
nen
hier angekommen.

Selbigen Tages vor=Mittag verfügte sich
der Papst in die Kirche zu S. Nicolao To-
lentino
, um einen in einer Capellen neu=
erbauten
Altar zu weihen und nachdeme er
wiederum in den Quirinal zuruk gekom=
men
/ schickete er denen 4. Patern desselben
Convents, welche dieser Verrichtung beyge=
wohnet
/ 40. Elen schwarzes Tuch. Abends
begabe sich Jhre Heiligkeit auf Monte Ma-
rio
.

Genua 1. November.

Nachdeme der Herr Campredon Auser=
ordentlicher
Frantzösischer Abgesandter seine
Ankunft durch Uberreichung seines Credenz -
Schreibens der a⟨l⟩hiesigen Regierung zu
wissen gemacht seynd alsobald 4. Edel=Leute
ihn auf gewöhnliche Weise zu be compli-
menti
ren
zu ihme geschicket worden.

Kaum als der Cavalier von Cambrai,
Commendant des Maltesischen Kriegs=
Schifs S. Antonius von Padua vernommen /
daß zwischen Sardinien, und Corsica 2. Bar=
barische
Caravellen / und in dem Meer von
Provence 2. dergleichen Pinken mit aufge=
steckten
Genuesischen / und Catalonischen
Flaggen um die andere Schiffe zu be⟨k⟩rie=
gen
/ herum kreutzeten / auch erst kürzlich
von ihnen ein unseriges von Languedoc mit
Wein zuruk kehrendes Schif geraubet wor=

den seye / hat er sich alsobald / um sie auf=
zusuchen
/ wieder zu Segel begeben.

Mittwochen langeten 2. Schif alhier an /
nemlich ein Engelländisches in 36. Tägen
von Lissabon / und in 23. von Gibraltar /
dessen Capitain berichtete / daß er den Ad-
miral
Wager mit 24. Kriegs=Schiffen alda
verlassen: und dann ein Frantzösisches von
Cagliari in Sardinien / welches den Baron
von S. Remy gewesten Vice -König in selber
Jnsul alhier aussetzete.

Donnerstags kame in 8. Tagen von Mar-
silien
eine unserige Tartane alhier an / des=
sen
Patron berichtete / daß die zwey Tunesi-
sche
Raub=Schiffe sich aus dem Meer von
der Provence auf Nachricht / daß man zu
Toulon ein Schif wider sie ausrüstete / ent=
fernet
hätten.

Paris 2. November.

Jn Abwesenheit der Königin werden zu
Versailles Jhrer Majestät Zimmer / worvon
die Träme / oder Quer=Balken etwas schad=
haft
zu werden angefangen / mit grossem
Fleiß hergestellet / und darzu alltäglich mehr
als 120. Arbeiter gebraucht Der König /
und die Königin seynd zu Fontainebleau,
und die zwey Königl. Prinzessinnen zu Ver-
sailles
in vollkommener Gesundheit: für die=
se
zwey letztere hat man zu denen 12. Cam=
mer
=Frauen / die sie bis dato gehabt / noch
acht andere angenommen / so daß anjetzo ei=
ne
jede von diesen Prinzessinnen von zehen
dergleichen Frauen bedienet wird.

Wann der König von der Jagd bey Zei=
ten
wiederum zuruk komt / so belustigen sich
Jhre Majestät mit Scheiben=Schiessen mit
denen Herren des Hofs in dem Pomerantzen=
Garten mit Bögen / und Pfeilen. in der
Nacht zwischen dem 27sten und 28sten des
verwichenen Monats fielen Jhre Majestät
in dem Schlaf von ihrem Bett / welches
ihro ohne weitern Zufall nichts anders als
einige Geschwulst an dem Knie verursachet /
und obwolen der Kopf nirgends anstiesse /
so wurde ihro des folgenden Tags dannoch
eine Ader geöfnet und höreten Jhre Ma=
jestät
darauf die Heil. Messe in ihrem Zim=
mer
. Der Marschall de Berwich ist seit ei=
nigen
Tagen aus dem Aacher=Bad alhier
wiederum zuruk gekommen.

[4]

Dieser Tagen ist Ms. le Blond , ein Chor=
Herr von St. Germain de l'Auxerrois , der
vor diesem ein sehr berühmter Prediger wa=
re
/ seines Alters 81. Jahr / verstorben.
Eine gleiche Schuld bezahlet auch der Natur
den 25 sten des verwichenen Monats der Msr.
de Sacy ein nicht wenig berühmt=gewester
Advocat in dem Königl. Raht / und einer
aus denen 40gen von der Frantzösischen Aca-
demie
, seines Alters 75. Jahr

Es melden Briefe von Amsterdam von
dem 21sten des verwichenen Monats / daß
damalen in jener Stadt gegen 50000. Per=
sonen
krank gelegen / und in selbiger Wo=
chen
582. Personen gestorben seyen. Die
Krankheiten wären meistentheils drey=tägi=
ge
Fieber mit einem Bauch=Fluß begleitet /
wordurch die Leut in 5. bis 6. Tagen hin=
weg
geraffet wurden und wurde diese
Krankheit auch zu Leyden / und in andern
Holländischen Städten verspüret.

Aus Provence wird geschrieben / daß das
dem Marquis de Coetlogon einem Vettern
des Admiralen dieses Namens gehörige
Schloß / ohne die Ursachen zu melden / ver=
brannt
worden seye. Man schreibt von Do-
le
aus der freyen Grafschaft Burgund / daß
in der Gegend jener Stadt und einem der=
selben
/ und der Stadt Salins gelegenen Dorf
Toscau sich seit einigen Tagen eine unbe=
schreibl⟨i⟩che
Menge fremder Vögeln hätten
sehen lassen / wordurch die Luft gantz ver=
finstert
worden / sie hätten sich gar bald in
zwey Theil getheilet / und ein jedes einen
Vogel / als ihren Heer=Führer / an der Spi=
tze
gehabt / unter beeden Theilen wäre gantz
ohnversehens ein harter Streit entstanden;
die Vögel seyen grau von Farb / in dem gan=
tzen
Land unbekannt / hätten lange Schna=
bel
auch dergleichen Klauen / welches die
Waffen gewest / deren sich die Vögel in ih=
rem
sehr hitzigen zwey stündigen Gefecht ge=
geneinander
gebraucht: die Luft seye in we=
niger
Zeit durch das Reissen deren Vögeln
voller Federn worden / mehr als 1000. von
diesen Tögeln todt auf die Erden gefallen /
und dardurch das Land=Volk in grossen
Schröcken gesetzet worden. Es scheinet / daß
der berühmte Nostr'Amus dieses auser=
ordentliche
Vogel=Gefecht in seinen Centu-
ri
en
habe prophezeyen wollen / wann er sagt:

Long - tems au Ciel seront vus gris Oiseaux,
Aupres de Dole & Toseaux en Terre.
Tenants au Bec un verdoyant Rameau,
Moura tot grand, & finira la Guerre.

Welches zu Teutsch ungefehr heissen mag:
Man wurde bey Dole, und Toseau lange
Zeit in der Luft graue Vögel sehen / die ei=
nen
grünen Zweig in ihrem Schnabel hät=
ten
hierauf wurde ein Grossen sterben /
und der Krieg ein Ende nehmen.

Hamburg 4. November

Das Crönungs=Fest Jhrer Königl. Ma=
jestäten
von Groß=Britannien ist den 22sten
Octob. von dem Hrn. von Wich Sr Groß=
Britannischen Majestät an die Printzen und
Hansee=Städte des Nieder=Säsischen Crei=
ses
ausserordentlichen Gesandten alhier auf
folgende Weise begangen worden: es hat=
ten
nemlich Se. Excell. die hieselbst befindli=
che
fremde Ministri, Rahts Herren Depu-
tir
te
/ und viele andere vornehme Standes=
Personen / samt der hiesigen Engelländischen
Gesellschaft / zuforderist in eine auf dero Be=
fehl
hierzu eigentlich verfertigte Opera:
Das jauchzende Groß=Britannien genannt /
worinnen nebst anderen prächtigen Aus=
zierungen
des Theatri eine vierfache Beleuch=
tigung
zu sehen ware / einladen lassen. Nach
Endigung dieser M usicalischen Belustigung
fuhre die gantze Gesellschaft von dem Gän=
se
=Markt durch die Neu Stadt nach deme
an der Ecke der Mühlen=Strasse gelegenem
Engelländischen Hofe / alwo die Engellän=
dische
Gesellschaft ein herrliches Festin an=
gestellet
hatte, die daselbst über der Pforte
befindliche Beleuchtigung / in welcher die
gecrönte Anfangs=Buchstaben der Namen
des Königs und der Königin G. R. und C. R.
samt dem Groß=Britannischen Wappen in
rotem Feuer brannten / worbey man auch
aus zweyen Fässern rot und weissen Wein
unter das in grosser Menge versammelte Volk
rinnen liesse / anzusehen. Wie selbige da
vorbey passirten wurden die auf dem Hof=
Platze gestellete Stücken / welche bey dem
Gesundheits Trinken Jhrer Majestäten des
Königs / und der Königin / wie auch der
sammentlichen hohen Königl. Familie, den
gantzen nach=Mittag sich tapfer hören las=
sen
/ gelöset: von dannen aber verfügten
sich die Herren und Dames nach dem präch=

[5]

tig=gezierten Orangerie -Hause / woselbst
der Hr. Gesandte eine schöne Mahl=Zeit
hatte anrichten lassen / und die Anwesende
herrlich tractiret wurden; nach aufgehoben=
ner
Tafel wurde ein Ball gehalten / und da=
mit
diese Festivität zu allerseitigen Vergnü=
gen
beschlossen. Sonsten sahe man auch das
grosse Engelländische / imgleichen der Frau
Agentin Wolfen=Haus des Abends mit vie=
len
Lichtern beleuchtet / welches ein schönes
Ansehen gabe. Alle auf der Elbe li=
gende
Engelländische Schiffe liessen an dem
obbesagten Crönungs=Tage ihre Flaggen /
und Wimpels wählen / und feuerten den gan=
tzen
Tage aus ihren Stücken / alles mit ei=
nem
frölichen Huza! und Vivat begleitet.

An statt des unlängst verstorbenen Herrn
Peter Bartels J. U. D. und alhiesigen Rahts=
Herrn / wurde den 22sten abgewichenen
Monats Hr. Arnold Wilkens wieder zu Raht
erwehlet: auch wurde den 30sten Dito an
statt des ohnlängst zu Ritzbüttel verstorbenen
Herrn Eberhard Pell / dieser Stadt gewese=
nen
Herrn des Rahts und Amt Mann zu
Ritzbüttel / der Herr Paul Jenisch / Kauf=
und Handels=Mann alhie / zu einem Mit=
Gliede E. E. und Hochw. Rahts erwehlet /
und also dieses Hochansehnliche Collegium
wieder ergäntzet.

Wie man vernimmt / so hat der hiesige
Magistrat seine nach Londen abgefertigte De-
putirte
zuruk beruffen / aldieweilen sie ih=
rem
beständigen Bericht gemäß / ausser / was
die Ablegung der Condolenz - Complimenten
wegen Absterbens des Königs / und dann
die darauf erfolgte Gratulation an jetzt=re=
gierende
Se. Groß=Britannische Majestät /
wegen glüklicher Besteigung des Throns
beträffe in denen aufhabenden Commissions
in keine Weise aufkommen / sondern / daß
sie zur Abthuung deren etwannigen Mißhel=
ligkeiten
bloß allein an die Königlich=und
Churfürstl. Landes Regierung zu Hannover
so wol / als an das zum Stifte Bremen ver=
ordnete
Gubernio, verwiesen wären.

Den 27sten Octob. hatte man alhier bey
der Börse die unangenehme Zeitung daß
ein für hiesiger Interessenten Rechnung aus
Cadix vor der Elbe angelangtes und sehr
reich beladenes Schif / unter dem Capitain
von Cöln durch letzteren Sturm unter Hei=
ligland
auf dem Strand sitzen gekommen /

und da dasselbe bereits alle seine Masten ver=
loren
/ ware selbiges dermassen ruiniret /
daß nur mit genauer Noht einiges Volk da=
von
geborgen worden / das gantze Schif aber
mehrentheils zerscheitert: es hat selbiges
alleinig 800. Fässer Oel inne gehabt / ohne
was sonst an Spanischen Weinen / und an=
deren
schönen Waaren darinnen vorhanden
gewesen / so daß der Schade hiesiger Interes-
sent
en
/ nebst dem Verlust des Schiffes wol
auf 100000 Reichs Thaler geschätzet wird.

Der Doctor Röder aus Lübek / welchem
von dem dortigen Pövel bekannter massen
sein Haus ausgeplündert und viele Waa=
ren
an Weine / Lacken / und dergleichen ge=
raubet
worden / und den erlittenen Schaden
auf 80000. Reichs=Thaler schätzet / auch
für seine eigene Person mit Lebens=Gefahr
ausgekommen / ist in Altona angelanget /
und hat Königl. Schutz erhalten / woselbst
er nach diesem beständig wohnen wird.

Brieffen von Berlin zufolge / wäre der
Spanische Bottschafter Hertzog von Liria,
vor einigen Tagen / weiter nacher Peters=
burg
um die ihme aufgetragene Befehl auch
an den Russischen Hofe auszurichten / auf=
gebrochen
/ nachdeme Se. Königl. Majestät
von Preussen denselben bey der Abschieds=
Audientz / mit dero mit Diemanten besetzten
Bildnuß beschenket / und die beyden Herren
Marggrafen / ihne auf dero Lust=Schlössern /
herrlich tractiret hatten.

Laut Briefen aus Hanover vom 24. Octo=
ber
/ ist der Crönungs=Tag des Königs
von Groß=Britannien / daselbst mit so grosser
Pracht begangen worden / daß es kaum zu
beschreiben stünde. Frühe morgens wurde
ein Theil von der Besatzung theils zu Fuß /
theils zu Pferd in verschiedene Gegenden der
Stadt postiret allem Unfug vorzubeugen;
zwischen 11. und 12. Uhr wurden 3. Stücke
gelöset / dem gemeinen Volk ein Zeichen zu
geben / daß sie den auf dem Holtz=Markt
gebratenen / und mit 10. jungen Capaunen /
16. jungen Hünern 4. Spanferkeln / 6.
Enten / 3. Schinken / 60. Groß=Vögeln /
und eben so viel Schnepfen / einer grossen
Menge Brat=Wüsten / 4. Gänsen 4. Jn=
dianischen
Hünern / 12. Hasen / und ver=
schiedenen
Schöps=Keulen gespikten Ochsen
anfallen / und plündern möchten; welches

[6]

auch in einer Viertel=Stunde zum grossen
Vergnügen des Printzen von Wallis, und
zur Lust einer grossen Menge anderer Zu=
schaner
geschehen ware: es sollen aber 3.
bis 4. Personen ihr Leben darüber einge=
büsset
haben / indeme sie bey dem Gepränge
unter die Füsse getretten worden. Aus 3.
Fontainen sprunge Wein / von dreyerley
Sorten: nemlich Reinischer / aus dem Ra=
chen
eines Löwen; Fränkischer aus eines
Einhorns Seiten; und Land=Wein aus ei=
nem
Pferd. Gegen den Mittag geschahe ei=
ne
dreyfache Salve aus Stücken von denen
Wällen und zu eben der Zeit wurden die
Glükwünschungs=Complimenten bey Hofe
abgeleget / welches bis gegen 2. Uhr gewäh=
ret
/ darauf nahme das Gast=Gebott seinen
Anfang in dem grossen Saal des Churfürstl.
Pallastes / da verschiedene Tafeln gesetzt wa=
ren
; die Gesundheiten wurden unter
Lösung derer Stücke / und dem Schall deren
Trompeten / und Paucken getrunken; nach
der Mahlzeit warfen Se. Hoheit aus dem
grossen Erker viel Geld unter das Volk /
wovon aber ihrer viele mit blutigen Köpfen
zuruk kamen / und einige sich gar mit ge=
brochenen
Beinen musten wegtragen lassen.
Auf dem Schloß wurde auch eine Frantzö=
sische
Comœdie gehalten / welche der Printz
mit allen Gästen angesehen; aus dieser fuh=
ren
Se. Hoheit in einer Kutsche aus / die
Illumination in der Stadt zu sehen / deren
Wägen waren 236. / welche der ersten folg=
ten
; die Bürger in der Neu=Stadt haben
bey der Gelegenheit 2. herrliche Triumphs=
Bögen aufrichten lassen / wordurch auch die
sämmtliche Compagnie passiret; die Illumi-
nationes
, welche meistentheils mit schönen
Divisen Emblematibus und anderen Sachen
gezieret waren / haben dem Hof so wol ge=
fallen
/ daß er Befehl gegeben / solche zu be=
schreiben
/ damit er den Entwurf davon nach
Londen schicken könte; auf die Spatzierfahrt
folgete die staatlichste Collation, und auf
diese ein herrlicher Ball / der weit in die
Nacht hinein gewähret; das schöne Feuer=
Werk aber ist wegen des regnerischen Wet=
ters
auf eine andere Zeit verschoben worden.

Vor acht Tagen wäre aldort ein per
Courier zu Londen abgefertigter und an die
Landes=Regierung lautender Befehl fol=
genden
Jnhaltes eingelauffen: nachdeme

zu des verstorbenen Königs Zeiten Seine
Majestät mit nicht geringen und aus dero
Chur=Fürstentum und Landen / demselben
annectirten Landen / eingelaufenen Be=
schwerden
überhäuffet / und zwar solcher=
gestalt
innerliche Reichs=Geschäften / und
derselben Besorgung nicht um ein geringes
verhindert worden; so ergienge demnach der
ernstliche Königliche Wille und Meinung da=
hin
/ daß alle in dero Erb=Chur=Fürstentum /
und Landen / etwann vorfallende Streit=Sa=
chen
vor das erste von denen Beamten jeden
Districts auf das genaueste untersuchet / und
möglich abgethan daferne aber die Beschaf=
fenheit
der Dispute denen Amt Leuten zuerör=
tern
allzuschwer fallen möchte / sodann die
Partheyen an die hoch=verordnete Landes=
Regierungen zu Hannover / Stade / oder Ra=
tzeburg
/ und endlich an das Ober= Appella -
tions - Gerichte zu Zelle zu verweisen stün=
den
/ fals aber ja etwann die Sachen der=
massen
/ und von der eussersten Wichtigkeit
beschaffen / daß die Appellation an Jhre Ma=
jestät
höchste Person unumgänglich erforder=
lich
/ man sich solcher=gestalt bey dem Herrn
geheimen Raht von Hattorff zu Londen zu
melden / und den endlichen Bescheid zu er=
warten
hätte.

München 6. November.

Verwichenen Dienstag / als den 4ten die=
ses
Monats / hat man bey alhiesigem Chur=
fürstl
. Hof den höchsten Namens=Tag Jhrer
Churfürstl. Durchl. unsers gnädigsten Chur=
und Lands=Fürsten in prächtigster Gala be=
gangen
/ indeme selbigen Tag der Hof sehr
Zahl=reich gewesen / massen sehr viele Cava=
liers
/ die sich auf ihren Gütern befunden /
auf diesen Tag sich anhero begeben / bey Jh=
ro
Churfürstl. Durchl. ihre unterthänig=
ste
Aufwartung zu machen an welchem Tag
Abends auch das Musicalische Drama auf
dem schönen Churfürstl. Theatro wiederum
repræsentirt worden.

Venedig 8. November.

Die Reformatores der Paduanischen Uni-
versi
tät
haben die beständige Stelle des
Censoris Publici deren Büchern dem Præsi-
denten
Magistro Missari Minoriten =Ordens
ertheilet / welches die Scribenten sehr er=
freuet
/ sintemalen sie desto ehe zu der Cen-
sur
ihrer Schriften gelangen können / und

[7]

der Wechselung nicht unterworfen seyn
müssen.

Der allhiesige Frantzösische Botschafter
Graf von Gergy hat wegen des Hintritts
der Groß=Mutter der Königin in Frank=
reich
mit aller seiner Hof=Statt die Trauer
angeleget.

Der besagte Dominicus / ein Sohn eines
gewissen Grafen aus Friaul / welcher (wie
jüngsthin gemeldet) als er über den Platz
von S. Marco vermasquirt gienge / weil er
wegen einer Mordthat in dem Bann ware /
eingezogen worden / ist vorgestern auf dem
gewöhnlichen Ort alhier enthauptet worden.

Wien 19ten Novemb. 1727.

SAmstag / den 15. November. Heute
Wit vor=Mittag / als am Fest des Heil.
Leopoldi, Marggrafens von Oesterreich /
haben beede Regierende Röm. Kaiserl. Ca=
thol
. Majestäten / und die Durchl. Leopoldi=
nische
Ertz=Hertzogin Maria Magdalena , in
dem Stift zu Closter=Neuburg Ord Canon.
Regul. Lateran. S. Augustini , alwohin
Höchst=dieselbe Sich gestern nach=Mittag /
wie jüngst gemeldet worden / verfüget hat=
ten
/ der Predig / und dem Hoch=Amt in
aldasiger von Allerhöchst=gedachtem Heil.
Leopoldo erbauten Kirchen andächtigst
beygewohnet: nach eingenommenem Mit=
tag
=mahl aber / und ge=endigter Vesper /
kehreten Jhre Majestäten / und Durchleucht /
wieder zu Land anhero zuruk in Dero Re=
sidentz
.

Dito hatte eine Löbl Oesterreicherische
Lands=Genossenschaft hiesiger uralten Uni-
versi
tät
das Fest ihres Heil. Schutz=Patrons
des Heil. Leopoldi in der Metropolitan -
Kirche zu S. Stephan auf das feyerlichste
unter zweifachen Chor Trompeten=und
Paucken gehalten / wobey den GOttes=
Dienst Jhre Hochfürstl. Gnaden Herr Sig=
mund
des H. R Reichs Fürst und Ertz=Bi=
schof
zu Wien / Graf von Kollonitsch / ꝛc.
die Lateinische Lob Rede aber / welche Dero=
selben
dediciret ware / auf Antragung des
dermaligen Procuratoris Ad. R. ac Clariss.
P. Sebastiani Mitterdorffer / è Soc. Jesu,
SS. Theologiæ Doctoris, ejusdemque in mo-
ralibus
Professoris ordinarii, nec non incly -

Nationis Austriacæ p. t. Procuratoris,
der Edele und gelehrte Herr Johann Carl
Leichamschneider / AA. LL. & Phil. Magister,
Juris Utriusque & Theologiæ Auditor , zu
seinem ungemeinen Nachruhm / und aller
Anwesenden höchsten Vergnügen gehalten.

Sonntag / den 16. Dito / verfügten Sich
vor=Mittag Allerhöchst=gedachte beede Re=
gierende
Kaiserl. Majestäten / und die
Durchl. Leopoldinische Ertz=Hertzogin / mit
dem gewöhnlichen Gefolg in die obgemeldte
Metropolitan -Kirche zu S. Stephan , und
wohneten alda dem jährlich=gewöhnlichen
Hoch=Amt / welches abermalen Jhre Hoch=
fürstl
. Gnaden alhiesiger Herr Ertz=Bischof /
für alle Lebendige und Abgestorbene aus
dem Durchleuchtigsten Ertz=Haus von Oe=
sterreich
/ zur Dankbarkeit der Stiftung /
gehalten / andächtigst bey. Nach=Mittag
wurde bey Hof die jüngst=gemeldte Musi=
cali
sch
=Jtaliänische Opera, genannt Orno-
spade
, zum drittenmal in Gegenwart Aller=
höchster
Herrschaften gehalten.

Eodem haben in aller frühe Sich Jhre
Majestät die Verwittibte Röm. Kaiserin
Amalia Wilhelmina , samt Dero Hof=Statt
nach obbesagtem Closter=Neuburg verfüget /
und daselbsten / als unter der Octav des
Heil. Marggrafens Leopoldi, bey dem GOt=
tes
=Dienst auferbäulichst Sich eingefun=
den
/ und seynd sodann des Mittags wieder
dahier in die Kaiserl. Burg zuruk gekehret.

Montag / den 17den Dito / heute vor=
Mittag haben Jhre Kaiserlich=Catholische
Majestät / unser Allergnädigster Herr / in
Dero Allerhöchsten Gegenwart geheimen
Raht gehalten, nach=Mittag aber beliebte
es Jhrer Majestät Sich auf der Schwein=
Schütt mit der Jagd zu belustigen.

Dienstag / den 18den Dito / vor=Mittag
hat der Allerhöchste Monarch abermalen ge=
heimen
Raht gehalten; und nach=Mittag
Allergnädigste Audientzen ertheilet.

NB.

Bey dem Verleger des Wienerischen Dia-
rii
ist zu bekommen in Commission ein
gantz neu in Kupfer gestochener mit lustig
und Lehr=reichen Geschichten / und Gedich=
ten
angefüllter Hand=und Schreib=Calen=
der
/ gebunden 30. Kr. / und ungebunden
17. Kr.



[8]

NB.

Jn dem Hirtlischen Haus in der Nagler=
Gassen neben dem goldenen Pflug / werden
bey Andrea Rießhofer / vorhin genannten
Provision im Comœdien=Haus / nunmehro
Kais Hof Zahn=und Mund=Aertzten / zu de=
nen
Zähnen / Augen / und Ohren unterschied=
liche
taugliche Medicamenta gefunden.

Lista deren Verstorbenen zu Wien /
in und vor der Stadt.

Den 14. November 1727.

Jn der Stadt.

  • Dem Hrn. Joh. Ant. Wurmastin / Kais. Niderlags=
    Verwandten / und Wechslern / s. T. Ludovica Jos. /
    im Hillebrandisch. H. in der Dorothe=Gassen / alt
    3. J.
  • Dem Hrn. Barth. Nikhl / Kais. Oest. geheimen Hof=
    Cantzley=Dienern / s. Fr. Eva Dorothea / im Zwöl=
    ferischen
    H. an alten Fleisch=Markt / alt 64. J.
  • Dem Joh. Bernh. Bittner / Hofbefr. Gold=Arbeitern /
    s. K. Joh. Georg / beym weissen Hahn im Tiefen=
    Graben / alt 1. J.
  • Dem Ant. Posch / Burger / und Hof=auten=Ma=
    chern
    / s. K. Mar. An. / im Zeugschmidisch. H. im
    Blut=Gässel / alt 7. J.
  • Dem Gottfr. Becker / Lackeyen / s. K. Joseph / beym
    roten Gabel im Färber=Gässel / alt 7. Viertl J.

Vor der Stadt.

  • Dem Joh Georg Herl / Herrn=Koch / s. K. Mar. An. /
    beym weissen Löwen in der Josephstadt / alt 6.
    Viertl J.
  • Dem Zachar. Will⟨em⟩ / Lein=Weber / s. W. An. /
    in S⟨ch⟩äfferbeckisch. H. am Neustift / alt 45. J.
  • Dem Eustachi Engl / Kutschern / s. K. An. / im Tisch=
    lerischen
    H. in der Leopoldstadt / alt 6. Viertl J.
  • Dem Philipp Taglieber / Haus=Knecht / s. K. An. /
    beym golden Bern in der Rossau / alt 1. J.
  • Mich. Gutman / Tagw. / beym golden Lammel am
    Neubau / alt 64. J.
  • Dem Matthias Walner / Tagw. / s. K. Elis. / bey de=
    nen
    5. Lerchen am Neustit / alt 3. J.
  • Matthias 〈…〉 rzaum / alt 40. J. und Matthias Stein=
    felner
    / alt 24. J. / beede im Kranken=H.

Den 15. Novemb.

Jn der Stadt.

  • Dem Peter Kekh / Lackeyen / s. K. Georg / im Leicham=
    schneiderischen
    H. beym Stuben=Thor / alt 6.
    Viertl J.
  • Lucia Rantzingin / Wittib / auf der Kärntner=Pastey /
    alt 80. J.

Vor der Stadt.

  • Dem Hrn. Emanuel Valdes, Königl. Spanisch. H⟨of=
  • Cantzley=Verwandten / s. K. Francisca / im Beckisch⟨=
    H. in der Alster=Gassen / alt 6. Viertl J.
  • DemHrn. Joh. Georg Haur /⟨Verwa⟩ltern im Burger=
    ⟨Spital⟩
    Bräu=H
    in der Leopoldstadt / s. K. W. An. /
    alt 7. Jahr.
  • Dem Frantz Samweber / Tischlern / s. W. Rosina /
    in s. H. im Liechtenthal / alt 34. J.
  • Samuel Geyer / bey denen FF. Misericordiæ , alt
    43. J.
  • Dem Frantz Wimer / Tandlerin / s. K. Frantz / im Lam=
    prechtischen
    H. auf der Landstraß / alt 1. J.
  • Dem Heinr. Bonquart / Brod=Sitzern / s. K. Carl /
    beyn 2. weissen Säulen bey Maria=Hülf / alt 2. J.
  • Dem Sebast. Bausteiner / armen Mann / s. W. Sa=
    ra
    / beym weissen Lammel bey St. Ulrich / alt 78. J.
  • Jos. Meintz / alt 27. J. Und Mar. Weyrin / alt 60.
    J. / beede im Kranken=H.

Den 16. Novemb.

Jn der Stadt.

  • Dem Hrn. Marc Ant. Berti, Kais. Hof=Musico / s.
    Fr. Mar. An. / im Maurerisch. H. im Berg=Hof /
    alt 36. J.
  • Dem Joh. Christoph Sandner / Jhrer Majest. der Ver=
    wittibten
    Kaiserin Amalia Trabanten=Rott=Mei=
    stern
    / s. W. Judith / bey der golden Aenten in der
    Schullerstraß / alt 66. J.
  • Joh. Hein. Kuster / Kais. Trabant / im Michaeler=H.
    am Koll=Markt / alt 50. J.
  • Dem Conrad Burgold / B. Schneidern / s. K. Barb. /
    im Hederichisch. H. am Haar=Markt / alt 7. Vier=
    tel
    J.
  • Dem Andre Forstner / B. Bier=Leutgeben / s. W.
    Magd. / im Pos 〈…〉 isch. H. auf der Fischer=Stiegen /
    alt 37. J.
  • Frantz Sedlatzki / Notten=Schreiber / im Weberisch.
    H. beym Arsenal / alt 60. J.

Vor der Stadt.

  • Dem (Tit.) Hrn. Frantz Ant. v. Fridberg / des H. R. R.
    Rittern / der Röm. Kais. Majest Truchses / s. Fräu=
    le
    T. Mar. Joh. / beym weissen Creutz am Neustift /
    alt 1. J.
  • Dem Ferd. Prätsch / Gmr. StadtSupernum. Steuer=
    Dienern / s. K. Ferd. / im Wahlhornisch. H. in der
    Leopoldstadt / alt 3. J.
  • Dem Ant. Steininger / Kutschern / s. K. Eva / bey
    denen 5. Lerchen am Neustift / alt 3. J.
  • Der Cath. Jungtändlin / Wittib / ihr K. Joseph / in
    Tischlerisch. H. in der Leopoldstadt / alt 2. J.
  • Ehre unbekannte Weibs=Person / welche gestern in der
    Leopoldstadt in der Donau ertrunkener gefunden
    worden / und beymLährnbecher=Amt alda vom
    Kais. Stadt=Gericht beschaut / alt bey 24. J.

[9]

Ausführliche Beschreibung des
sehr grossen Schadens / so der unerhör=
te
Regen oder vielmehr Wolken=Bruch / den
7ten October in diesem Jahr 1727. in der
Stadt N⟨e⟩apel / und ihren Gegenden
verursachet.

ES ist nicht möglich den übergrossen Scha=
den
/ so der grausame den 7den verwiche=
nen
Monats Octobris alhier gefallene Wol=
ken
=Bruch unserer Stadt Neapel / und der=
selben
vor=Städten zugefüget / ohne Thränen
genugsam zu beschreiben; Sintemalen noch
niemalen erhöret worden / daß in denen vorigen
Zeiten ausser der algemeinen Sünden=Flut ein
dergleichen Ubel sich ereignet hätte. Es ist
fast unglaublich / was es für Zerstöhrungen /
und Ruinen (deren wir nur die grösten / und
merkwürdigsten / aus denen man die kleineren
leichtlich selbsten wird erachten können / und es oh=
nedem
alles zu beschreiben mehrer Bögen erforder=
ren
wurde / erzehlen werden) hinterlassen habe.

Nachdeme schon etliche Tage vorbey waren /
daß der Berg Vesuvius aus seiner grösten Oef=
nung
/ und noch einer anderen gantze Flüsse
von gleichsam brennenden Hartz ausgegossen /
sahe man ihn verwichenen Dienstag / gegen
22. Uhr mit sehr dicken / und finsteren Wol=
ken
völlig umgeben / und bedecket / welche
sich nach / und nach über diese Stadt aus=
bereiteten
/ und nachdeme sie die gantze Luft
verfinsteret / gegen 23. Uhr in ein starkes Un=
gewitter
ausgebrochen / auch zu regnen / je=
doch
nicht zu häuffig / anfienge / welches bis
um 4. Uhr des Nachts daurete; da es als=
dann
mit einem solchen Gewalt zu donnern /
blitzen / und Wasser=giessen anhube / daß es
schiene / als ob alles zu Grunde gehen wolte;
auch schlugen die unaufhörliche Donner=Keu=
le
in sehr vielen Orten / meistens aber in fol=
genden
Kirchen ein. Als in der Kirche zu S.
Theresia, S. Peter à Majella, S. Martin, S.
Lucia, Ecce Homo , und zu S. Georg , jedoch
überall ohne grossen Schaden / ausgenommen
daß von einem / welcher in das Capuciner=
Closter einschluge / ein Geistlicher / der eben
alda bettende in dem Chor stunde / ertödtete
wurde. Dieses daurete durch 4. gantze Stun=
den
/ woraus der Schaden / so das häuffige
Wasser / in welchen nachdeme es alle Häuser
angefüllet / die darinnen sich befundene Mobi-
li
en
/ und Hauß=Geräthe deren armen Jnn=

wohnern ringsweis herum schwammen / ver=
ursachet
/ leicht zu erachten. Aus denen über=
all
zusammen geflossenen Gewässeren entstun=
de
gleichfals ein reissender Fluß / welcher also=
bald
alle Keller / Einsätze / und andere der=
gleichen
unter=irrdische Gebäude / und Gerwöl=
ber
völlig ausfüllete / auch deren Kirchen /
Capellen / ꝛc. nicht verschonete / alwo sich
überall das Wasser über 4. Spannen hoch von
der Erden erhube. Die Gässen wurden auch
gar geschwind ungleich / und unbrauchbar /
und an etlichen Orten der Erden so sehr be=
rauber
/ daß man bis auf die Ziegel womit
diese Stadt vor etlichen Jahr=hundert gepfla=
steret
gewesen / sehen kunte. Vor dem so=ge=
nannten
Medinischen Thore / und in vielen
anderen Orten alwo das Wasser seinen Aus=
fluß
mit Gewalt suchte / hollete es die Erde
gleich Canalen Manns=hoch aus / hingegen
wurde an anderen Orten ein ziemlicher Hauffen
Stein / und Sand / so es von allen Orten
dahin getragen / zusammen geflösset. Die =
nigl
. grosse Wasser=Leitung / durch welche al=
le
Brunnen dieser Stadt ihr Wasser empfien=
gen
/ ist an verschiedenen Orten sehr beschädi=
get
/ und eingebrochen / daß also nunmehro die
Brünnen grossen Abgang an klaren Wasser leiden.

Ein gleiches / und vielleicht noch grösseres
Ubel haben unsere vor=Städte / in denen der
Gewalt des fliessenden Wassers fast alle Mau=
ren
deren Gärten auch verschiedener Häuseren
umgeworffen / Bäume / und andere kostbare
Gewächse samt denen Wurtzen aus der Erden
gerissen / viele Kaufmanns=Gewölber / und
Handels=Laden mit Wasser also überschwem=
met
/ daß die Einwohnert gar gerne ihre Waa=
ren
/ Hab / und Gut verlassen / und nur frohe
waren / daß sie ihr Leben davon brachten; den
meisten / und allergrösten Schaden litte dan=
noch
die so=genannte Jungfrauen vor=Stadt /
indeme man auf aldasiger Ebene von dem Car=
meliter
=Closter an / bis zu der Brucke von S.
Carl Manns=hoch von Stein / und Erde zu=
sammen
getragene Berge / antraffen: alda risse
es sehr viele Häuser nieder / an anderen Häu=
seren
warfe es die Thore nieder / trange hinein
in die Höfe / und hinterliesse überall nichts
als grosse Sand / Mist / Kot / und Stein=
Hauffen / also daß die in diese Stadt sich her=
ein
geflüchtet Bauren die Häuser kaum genug
mit täglicher starker Arbeit von dem den hinein

[10]

geschwemmeten Unflat einigen / und ausbu=
tzen
können / solches nur unterdessen in die nach
gelegene Gässen übertragen / und alda in grosse
Hauffen a⟨u⟩frichten. Ja so groß ware der Ge=
walt
des reisenden Wassers / daß es ein Mar=
morsteinene
Saule worauf das Creutz vor=be=
sagten
Closter stunde / aus dem Grund weg ge=
rissen
/ und man noch heutiges Tages nicht
weis / wo es dieselbe mit sich hingetragen
habe. Das Closter / die Kirche / und der Beicht=
Ort sonst Scurolo genannt / des Convents
der Gesundheit deren PP. Dominicanern seynd
auch gäntzlich überschwemmet worden / und die
Menge des Sandes / und deren Steinen ist
so hoch als die aldasige Brucke vor dem Con-
vent
. Es nahme auch grosse Stucke Marmor / wel=
che
nahe bey dem Pallast des D. Ferdinand San Fe-
l
ice
lagen / mit sich / und dieweilen es auch durch
die Schupfen drunge / bedeckete es die alda stehende
Kutschen gäntzlich mit Kott / und Erden / wie es
dann in denen deren Herren Ruffi, des Præsidenten
Rama, und des Königl. Raht Valdetaro so unver=
sehens
geschehen / daß sie kaum ihre Pferde / die sie
in gröster Eil in die obere Wohnungen hinauf führe=
ten
/ erretten könten. Nahe bey dem so=genann=
ten
Supporto di Lopez unterwaschete es die Funda-
men
ten
eines Hauses / daß dasselbige davon gäntzlich
eingefallen / und man noch alda von Tag zu Tage
mehr andere / deren Fundamenten gleichfals von
dem Wasser verwüstet worden / einfallen siehet.
Jn der sogenannten Pfarr=Kirche deren Jung=
Frauen / und in der deren kleinen Creutzen sahe man
die begraben Cörper / desgleichen bey der Brucken
von S. Carlo alle Müllen gantz verwüstet herum
schwimmen; die vor=Stadt von S. Anton ware
gleicher massen aller Orten mit Erden / Sand / und
Steinen / so das Wasser dahin getragen / angefüllet.

Das kleine Haus genannt delle Sbarre à Monti
ist von dem Wasser umgeworffen / und in einen Stein=
Hauffen verkehret worden. Auf dem Weg dell Are-
naccia
führete es eine Calesse mit zweyen Herren / und
einem Diener mit sich fort; der Diener wurde nach
zweyen Tagen vor der so=genannten Kirche deren Gna=
den
in dem Morast / einer deren Herren aber welche
zwey Brüder waren / bey dem Thurn del Greco ,
und der andere von dem Meer auf die Felsen del Pe-
sce
ausgeworffen / gefunden; von dem Caless , und
denen Rossen aber hat man noch nichtes gesehen.
Nahe bey der Höle von S. Januario genannt de' Pez-
zenti
, flüchtete sich eine Frau welche wegen Einfal=
lung
des Hauses ihrer Nachbarin ein Erd=eben zu
seyn vermeinet / in ihren Garten / und hielte sich al=
da
an einem Baum / allein nachdeme das Wasser die
Mauren eingerissen / überschwemmete es den Gar=
ten
/ und sie müste alda elendiglich ertrinken. Es
seynd auch sehr viele Thier / als Hund / Katzen / ꝛc.
so in dieser Stadt herum giengen / tod / und er=
soffen
gefunden worden.

Weilen das Wasser bey dem Poggio reale keinen
Platz genug fande frey abzulauffen / zerrisse es die

Dämme / woraus ein See etliche Meile breit von sol=
cher
Höhe / daß man kaum die Spitze von denen
höchsten / und grösten Sträuchen noch dato sehen
kan / entstanden; und seynd nunmehro 6. kleine Schif=
lein
um denen armen Bauren / und anderen Einwoh=
nern
/ so in der überschwemmeten Gegend wohnen / zu
he⟨l⟩ffen / und sie mit ihren erhaltenen wenigen Ver=
mögen
an ein sicheres Ort zu überbringen / bestel=
let
worden; das Wasser / oder die Uiberschwemmung
ist jenseits der Brucken so groß / daß es gleich dem
Meer Wöllen in die Höhe wirffet.

Nahe bey der Brucke von S. Magdalena , wo vor=
hin
die Pfützen waren / eröfnete das fliessende Was=
ser
eine neue Strasse durch dieselben / daß man glau=
ben
solte / als ob selbe schon lange Zeit vorhin mit
allem Fleis gemachet worden wäre: alle Mauren /
mit welchen die Pfützen umgeben waren / als auch
die Bäume / und Thore seynd dergestalten wegge=
rissen
/ daß man kaum weis wo sie gestanden. Die
Schwi=Bögen der Brucken seynd alle mit Erden / und
Steinen verstopfet / ausser einem / durch welchem das
Wasser mit solchem Gewalt gegen das Meer zuschiesset /
daß dardurch ein Haus niedergeworffen / und unter
dessen Stein=Hauffen ein kleines Kind begraben worden.

Wo sich dieses Gewässer / und der Fluß in das Meer
ergiesset / hat es gleichsam eine halbe Jnsul / auf welcher
man gleich einem Molo mit truckenen Fuß ziemlich weit
in das Meer gehen kan / formiret. Unterdessen seynd
von dem hiesigen Magistrat gute Anstalten / dem
Wasser seinem Ablauf zu verschaffen / gemachet worden /
und arbeitet man anjetzo mit sehr grossen Fleis / und bevor
an wider=Einrichtung der grossen Wasser=Leitung für
unsere Brünnen / und an Ausbesserung deren Verwü=
stungen
. Denen in hiesiger Gegend ligenden Oertern
hat es gleichfals nicht geringen Schaden zugefüget / al=
dieweilen
man kein eintziges Oertlein / so dessen befreyet
geblieben wäre / zehlen kan. Ausserhalb der Grotta von
Pozzuolo hat es viele Häuser umgerissen / und die Gäs=
sen
hin / und her verwüstet. Jn dem Giuliano zehlet man
nebst der berühmten grossen Kirchen 30. deren zur Erde
geworfenen Häuseren. Jn Cussandrino ist gleichfals
der Pallast / in welchem die Fürstin von Colle d' Anchi-
se
gewohnet / in einen Stein=Hauffen verkehret / auch der
Pallast des Königl. Feld= Commissarii sehr beschädiget
worden; Alla Torre , oder an dem Thurn hat es viele
Wein=Gärten ausgerottet; in anderen Orten das Korn
aus denen Proviant=Häusern weg=geschwemmet / alles
Viehe / auch viele Leute beschädiget / und getödtet.

Weilen dann dieses ein klares Zeichen des wegen unse=
ren
Sünden erzürneten GOttes / als ist man überall sehr
befliessen den Allerhöchsten wiederum zu besänftigen; zu
dessen Ende Donnerstags als den 9. dieses das Wunder=
thätige
Crucifix in der Carmeliter=Kirche zur offentli=
chen
Andacht für das bestürtzte Volk / welches sich in einer
unbeschreiblichen Menge alda eingefunden / abgedecket
worden; da gleich den anderen Tage darauf sich die er=
wünschte
Sonne wiederum sehen lassen / und folgende
Täge darauf immer das schönste Wetter ware / welches
dann nicht geringen Vortheil und Nutzen zu der mühe=
sammen
/ und grossen Arbeit der Verbesserung des er=
littenen
Schadens beytraget.

»